Womit sich schon die Neandertaler schmückten

Die Neandertaler waren fasziniert von Seeadlerklauen
Das Naturhistorische Museum in Wien zeigt 130.000 Jahre alte Funde aus Kroatien.

Über Jahrzehnte hinweg, dachten Wissenschaftler, dass die Neandertaler nicht über die typisch menschliche Fähigkeit zu symbolischem Denken verfügten. Dass das Gegenteil zutrifft, zeigt das Naturhistorische Museum in Wien mit einem seiner neuesten Ausstellungsstücke.

Im Zuge der einjährigen Renovierung wurde die Edel-und Schmucksteinsammlung im Saal IV nicht nur umgestaltet, sondern auch um einen besonderen Fund erweitert: 130.000 Jahre alte Adlerklauen, die derzeit als ältester Schmuck der Welt gelten. Diese wurden im kroatischen Krapina gefunden und sind der Beweis, dass nicht nur der Homo sapiens zu Naturmaterialien wie Schnecken- und Muschelschalen sowie Tierzähnen und -knochen griff.

Abgrenzung zu anderen

"Wir haben zuvor nicht gedacht, dass sich auch Neandertaler geschmückt haben", sagt Davorka Radovčić vom Naturhistorischen Museum in Zagreb. "Man sieht, dass alle Klauen in irgendeiner Form bearbeitet worden sind." Die Einschnitte würden zeigen, dass unsere Vorfahren die Klauen des Seeadlers willentlich aus dem Fuß des Tiers entfernt haben. Auch Polierspuren seien zu erkennen. Ob diese als Armband oder Kette getragen wurden, lässt sich laut derAnthropologin nicht sagen. Sie vermutet, dass die Klauen den Neandertalern als Signal der Abgrenzung zu anderen Gruppen dienten.

Womit sich schon die Neandertaler schmückten
ältester schmuck der welt, ausgestellt im naturhistorischen museum wien

Walpurga Antl aus der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums hält es ebenfalls für wahrscheinlich, dass die Schmuckstücke nicht nur als Dekoration dienten. "Möglicherweise hatten sie Amulett-Charakter", sagt die Expertin. Fest steht, dass die seltenen Stücke für deren Besitzer sehr kostbar waren – denn einen Seeadler zu finden war nicht ganz einfach und die Bearbeitung der Klauen erforderte Zeit.

Neben dem jahrhundertealten Fund, widmet sich das Museum nicht nur echten Edelsteinen, sondern auch im Labor hergestellten Synthesen. Diese sehen täuschend echt aus, hatten jedoch über Jahre hinweg einen schlechten Ruf. Laut Vera Hammer, Leiterin der Mineraliensammlung sei die Beschäftigung mit diesem Thema wichtig: "Immer öfter wird die Gewinnung von Edelsteinen aus der Dritten Welt kritisiert." Bei modernen High-Tech-Produkten wisse man über die Herkunft Bescheid.

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