„Fahnenflucht“ mögen einige jetzt vielleicht empört aufschreien und die Frage in den Raum stellen, ob sich das für die Tochter der ÖSV-Präsidentin (Roswitha Stadlober) gehört, dass sie dem eigenen Verband den Rücken kehrt.
Dabei war es ja eigentlich genau umgekehrt.
In Wahrheit ist Teresa Stadlober gar nicht viel anderes übrig geblieben, als ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Sie war praktisch auf sich allein gestellt, nachdem Alt-Präsident Peter Schröcksnadel als Reaktion auf den Dopingskandal bei der WM in Seefeld (2019) die Langläufer hochkant aus dem Verband geschmissen und in einen Verein ausgelagert hat.
Teresa Stadlober war es zwar aus der Vergangenheit schon gewohnt, solo ihre Runden zu drehen, aber inzwischen hat sie das Dasein als Einzelkämpferin satt. „Wenn du immerzu allein trainierst, wirst du trübsinnig,“ erklärt auch Vater und Trainer Alois Stadlober.
Tatsächlich verfolgen die Stadlobers den Plan einer Trainingsgemeinschaft schon länger. Vor zweieinhalb Jahren war eine Kooperation mit den Deutschen angedacht, aber nach den Dopingfällen von Seefeld (Max Hauke, Dominik Baldauf) sah sich plötzlich auch Teresa Stadlober im Weltcup mit Argwohn konfrontiert. „Danach hat am Anfang jeder einen großen Bogen um mich gemacht.“
Nun war aber die Zeit reif, um neue, mutige Wege einzuschlagen. Teresa Stadlober ist mit ihrer Art des Trainings bisher zwar gut gefahren, wie nicht zuletzt die Plätze 4, 5 und 9 bei der WM in Oberstdorf gezeigt haben, „aber irgendwann hat man keinen Trainingseffekt mehr und muss neue Reize setzen“, sagt die Salzburgerin vor dem Weltcup-Auftakt in Ruka.
Stadlober profitiert in vielerlei Hinsicht vom Training und Austausch mit den Russen rund um deren deutschen Cheftrainer Markus Cramer. Sie hat mit Julija Stupak, der Zweiten der Tour de Ski, endlich eine Trainingspartnerin auf Augenhöhe. Sie spürt den Konkurrenzkampf, genießt zugleich aber auch den für sie unbekannten Teamspirit. „Du musst mit Besseren trainieren, um selbst besser zu werden“, sagt Teresa Stadlober.
Trainer-Papa Alois zeigt sich nach der Vorbereitung begeistert. „Es ist sehr befruchtend.“ Zugleich ist ihm bewusst, dass diese Zusammenarbeit auch kritisch gesehen werden könnte. Russland eilt im Sport nicht gerade der beste Ruf voraus. „Natürlich finden es manche schlecht, dass wir das mit den Russen machen, aber es geht da rein um Teresa“, sagt der Ex-Weltmeister.
Geht’s nach dem Vater, dann wird die internationale Trainingsgemeinschaft über diesen Winter hinaus Bestand haben. Mama Stadlober setzt sich derweil dafür ein, die vom Vorgänger so geächteten heimischen Langläufer wieder zurück zum Verband zu holen. „Es ist mein Bestreben, dass Langlaufen in die Familie zurückkommt.“
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