Matthias Mayer: "Seit ich Kind bin, mag ich den olympischen Gedanken"
Drei olympische Goldmedaillen und eine bronzene – ein solcher historischer Rekord bedeutet auch für Politiker eine Herausforderung. Für einen davon sind Verleihungen fast schon Tradition, diesmal jedoch musste Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser für Matthias Mayer sogar einen neuen Orden per Gesetz „schaffen“. Denn das silberne und das goldene Ehrenzeichen des Landes hatte „Mothl“ Mayer schon erhalten – und höhere Auszeichnungen hat das Land nicht zu vergeben.
Doch ohne Ordensverleihung konnte die Siegesfeier des Triple-Olympiasiegers in seinem Heimatort Afritz am Samstag natürlich nicht über die Bühne gehen. So existiert nun in Kärnten eine brandneue Sportverdienstmedaille.
Für Maximilian Linde, den Afritzer Bürgermeister, ist die spontane Organisation einer Olympiasiegerfeier alle vier Jahre jedenfalls fast schon eine Gewohnheit: Seit acht Jahren liegt der Ort im Goldrausch. Mayer selbst lässt im KURIER-Interview seine Siege Revue passieren.
KURIER: Herr Mayer, bei Olympischen Spielen performen Sie am Punkt. Bei Weltmeisterschaften gab es noch keine Medaille. Was können Sie, was andere nicht können, um alle vier Jahre zu gewinnen?
Matthias Mayer: Irgendwann in meiner Kindheit habe ich die Geschichte von den Olympischen Spielen gehört, dass sich die Besten der Besten alle vier Jahre treffen, um sich zu messen. Die vier Jahre dazwischen nennt man ja die Olympiade – und sie ist eigentlich die Zeit der Regeneration und der Vorbereitung. Seit ich Kind bin, mag ich den olympischen Gedanken. Deswegen sind für mich die Olympischen Spiele wichtiger als das, was sportlich dazwischen passiert.
Also alle Kraft auf die Olympischen Spiele. Ist das nicht riskant?
Das ist vielleicht auch der Ansporn. Auf die Olympischen Spiele bereit ich mich mit mehr Leidenschaft vor als auf andere Events. Dieses Jahr habe ich extra einen Skischuh entwickelt, weil ich wusste, dass in China spezielle Verhältnisse herrschen. Die vier Jahre dazwischen benutze ich, um mental ein bisschen runterzukommen. Auch Weltcuprennen stelle ich mir oft größer vor, als sie tatsächlich sind, um im Kopf eine Olympia-Atmosphäre zu trainieren.
Empfang für den Olympia-Helden Mayer in seiner Heimatgemeinde Afritz
Franz Klammer
Kärntner Ski-Legenden: Fritz Strobl, Matthias Mayer und Franz Klammer
LH Peter Kaiser kam, um zu gratulieren
Beim Ihrem ersten Sieg bei Olympischen Spiele waren Sie erst 23 Jahre alt. Wie haben Sie es geschafft, nicht abzuheben und weiterhin diesen Biss zu haben?
Speziell für einen Abfahrer ist Olympiagold mit 23 Jahren sehr früh. Die meisten Sieger sind rund um die 30 Jahre, wenn sie Gold holen. Wie schafft man es, nicht abzuheben? Das ist ein Lernprozess, den jeder anders angeht. Ich hatte aber auch meine Phasen, wo mir das Training nicht immer leichtgefallen ist. Dann hatte ich Verletzungen, durch die ich einen anderen Blick auf das Leben finden musste.
Vor Ihrem Durchbruch hatten Sie eine schwere Lebensmittelvergiftung. Wie hat diese Krankheit Ihre Einstellung verändert?
Alles, was davor selbstverständlich war, war plötzlich nicht mehr selbstverständlich. Das hat mich in meiner Lebenseinstellung massiv verändert. Ich hatte im ganzen Körper heftige Entzündungen, vom Sprunggelenk über das Knie bis zu den Fingern. Ich konnte das Leben nicht mehr so steuern, wie ich es gerne gewollt hätte. Da habe ich gelernt, dass man gewisse Dinge einfach aus der Hand geben muss.
Wenn man drei Gold-Medaillen gewonnen hat, wird man als Held oder später als Skilegende bezeichnet. Wie gehen Sie mit diesen Zuschreibungen um?
Zur Zeit gibt es einen Teil in mir, der diese Zuschreibungen nicht haben will. Auf der anderen Seite sind das die Dinge, die man dann auch aus der Hand geben soll und sich einfach sagen muss: „Schön, dass ich das überhaupt erleben darf.“ Im Moment kann ich die Situation noch nicht einschätzen. Das muss erst ein paar Jahre in mir reifen, dann werde ich es anders sehen.
Ihr Vater hat Sie in der Jugend trainiert. Wie belastend ist der Mix aus Vater- und Trainerrolle für die Vater-Sohn-Beziehung?
Das ist eine große Belastung. Das kann man ganz klar sagen. Mit 17 kam ich in den ÖSV-Kader. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich die Trennung, dass ich meine Karriere so durchziehen kann, wie ich will.
Sie haben 2015 Flüchtlinge unterstützt. Ihre Familie ist sehr gläubig. Passierte das Engagement aus einer christlichen Überzeugung?
Wir versuchen aus jeder Situation das Positive zu filtern beziehungsweise zu überlegen, wie man eine Situation verbessern kann. 2015 war eine Ausnahmesituation, die uns sehr betroffen gemacht hat. Wir saßen zu Hause am Küchentisch und überlegten: Was können wir beitragen? So kam es dann zur Entscheidung, zehn Flüchtlinge zu unterstützen.
Die Olympischen Spiele stehen in der Kritik, eine Umweltsünde zu sein. Sollte das Internationale Olympische Komitee Kriterien für mehr Nachhaltigkeit aufstellen?
Das wäre notwendig. Die Spiele werden immer pompöser. Skirennen auf einem Berg zu fahren, auf dem es nie schneit – das ist für einen naturverbundenen Menschen wie mich eigentlich unvorstellbar. Es waren Superpisten, aber von Nachhaltigkeit war nichts zu sehen.
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