Kopfschütteln
Für ihre Ambitionen war sie einst belächelt worden, sie erntete Kopfschütteln, beizeiten sogar Spott. Zwölfeinhalb Jahre nach ihrem Jungfernsprung schwebt die Vorarlbergerin in anderen Sphären.
Eva Pinkelnig wurde als Skispringerin Gesamtweltcupsiegerin (2022/’23) und 2023 Österreichs Sportlerin des Jahres, sie hat vier WM-Medaillen ersprungen und ist mit 15 Weltcuperfolgen die Nummer 4 der ewigen Bestenliste.
Wohlgemerkt als Quereinsteigerin und Spätstarterin.
„Ich habe mehr erreicht, als mir alle zugetraut haben – ehrlicherweise als auch ich mir zugetraut habe“, sagt Eva Pinkelnig vor dem Absprung in die neue Weltcupsaison, die am Wochenende in Lillehammer beginnt.
Nackenschläge
Dass sie einmal vom Skispringen leben können würde, dass sie in diesem Sport gar die Lufthoheit haben würde – das lag alles weit außerhalb ihrer Vorstellungskraft. „Ich wollte ja eigentlich nur einmal in meinem Leben über 100 Meter springen“, erzählt Pinkelnig. Dieses Ziel hat sie aber so was von übertroffen.
Dabei war ihre Laufbahn gepflastert mit Stolpersteinen. Das späte Erlernen des Skisprung-ABC war da noch die kleinste Herausforderung. Eva Pinkelnig kassierte auf den Schanzen zahlreiche Nackenschläge, nicht nur einmal schien diese ungewöhnliche Adler-Karriere ein schmerzhaftes Ende zu nehmen.
1 Liter Blut verloren
So erlitt die Dornbirnerin im Dezember 2016 bei einem heftigen Sturz ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, die Wochen rund um diesen Vorfall sind wie ausgelöscht. „Ich war danach beim Weltcup in Russland und kann mich daran nicht erinnern.“
2020 zog sie sich nach einem missglückten Landemanöver einen Milzriss zu, verlor einen Liter Blut und schwebte in Lebensgefahr.
Gegenwind
Viele hatten Eva Pinkelnig damals von einer Fortsetzung der Karriere abgeraten. Lass das Skispringen doch bitteschön bleiben, bekam sie zu hören. Oder: Erkenne die Zeichen und fordere das Schicksal nicht heraus! „Es hat im ÖSV niemanden gegeben, der noch an mich geglaubt hat“, weiß Pinkelnig.
An all diese Besserwisser und Skeptiker muss sie manchmal denken, wenn sie wieder einmal einen großen sportlichen Coup landet. „Allen, die über mich Dinge gesagt haben und sich ein Fernurteil gebildet haben, obwohl sie mich nicht richtig kennen, habe ich es gezeigt.“
Diese ungewöhnliche Erfolgsgeschichte dieser ungewöhnlichen Frau fasziniert auch abseits der Schanzentische.
Werbung für Palmers-Unterwäsche
Eva Pinkelnig ist heute ein gern gesehener Gast bei Podiumsdiskussionen, die Skispringerin ist das Gesicht einer Werbekampagne von Palmers. „Wir hören ja leider viel zu oft: Die ist zu klein, zu groß, zu dick, zu jung oder zu laut – es geht darum, dass die Frauen in ihrer eigenen Schönheit repräsentiert werden“, sagt die 36-Jährige.
Eva Pinkelnig empfindet ihre Karriere als Privileg, sie genießt das Leben als Skispringerin. Auch weil sie weiß, dass nach den Winterspielen 2026 Schluss ist und sie Mama werden möchte.
„Es war nie mein Lebenstraum, die Große Kristallkugel zu gewinnen“, sagt Eva Pinkelnig. „Mein Lebenstraum ist es, eine Familie zu haben, eigene Kinder. Meine Uhr tickt, deswegen werde ich meine letzten beiden Saisonen genießen.“
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