ÖSV-Skisprungcoach Widhölzl: "Wir müssen die letzte Saison nicht toppen“

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Warum für ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl der Saisonauftakt eine so große Bedeutung hat.

Vor der letzten Saison hatte Andreas Widhölzl einen echten Bammel. „Ich habe wirklich Schiss, dass jeder glaubt, dass es so weitergeht und wir alles zerreißen“, gestand der Erfolgstrainer der österreichischen Skispringer damals.

Wie muss es ihm dann aber erst heuer gehen?

Nach diesem herausragenden Winter 2024/’25 mit dem Dreifachsieg im Gesamtweltcup und bei der Tournee durch Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Stefan Kraft sowie einer neuen Rekordpunktzahl im Nationencup?

Andreas Widhölzl ist seit 2020 Chefcoach der österreichischen Skispringer

Andreas Widhölzl ist seit 2020 Chefcoach der österreichischen Skispringer

„Wenn’s nach dem geht, dann müsste ich mich jetzt eigentlich brutal anscheißen“, sagt Andreas Widhölzl im KURIER-Gespräch vor dem Saisonauftakt an diesem Freitag in Lillehammer (Mixed-Springen, 16 Uhr, live ORF 1). Der ÖSV-Cheftrainer über . . .

  • den Saisonstart 

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich wäre nicht nervös. Weil man nach der Vorbereitung einfach nie genau weiß, wo man wirklich steht im Vergleich zur Konkurrenz. Aber ich bin sicher nicht so angespannt wie vor einem Jahr.

  • die Form der ÖSV-Skispringer 

Dass wir als Team komplett weit weg sind, wird nicht passieren. Primär geht’s darum, dass sie die PS in den Wettkampf reinbringen. Ein guter Saisonstart wäre vor allem deshalb wichtig, damit wir in Ruhe weiterarbeiten können. Ich möchte nicht, dass unsere Springer nach den ersten Bewerben das Gefühl haben: ,Hoppla, wir haben in der Vorbereitung etwas versäumt.‘ Der Start muss nicht perfekt sein, aber er sollte so gelingen, dass jeder unserer Springer zufrieden ist.

  • die Dominanz der Österreicher 

Für den Sport an sich und das Publikum wäre es wahrscheinlich interessanter, wenn es sich wieder ein bisschen mehr durchmischen würde. Aber mir als österreichischem Trainer ist das ehrlicherweise herzlich egal. Darauf kann ich keine Rücksicht nehmen.

  • die Ziele für die heurige Saison 

Wir haben nicht den Anspruch, dass wir die letzte Saison noch einmal toppen müssen. Weil das war schon ein außergewöhnlicher Winter. Klar ist: Wir werden an Ergebnissen gemessen, und ich bin da auch sehr ehrgeizig. Ich bin sicher nicht zufrieden, wenn nur einer von uns unter den ersten zehn ist.

  • die Herausforderungen im Team 

Es ist schon immer der Anspruch, dass unsere Athleten sich weiterentwickeln. Nicht nur als Skispringer, sondern auch als Persönlichkeit. Und man findet immer wieder Reserven und entdeckt im Rückblick Sachen, die besser funktionieren hätten können. Die Schwierigkeit ist es wirklich, die Athleten bei Laune zu halten. Sie waren nach dem letzten Winter brutal ausgebrannt und geistig müde. Ich wollte eigentlich im Juni den ersten Sprungkurs ansetzen, aber da habe ich gleich gemerkt, dass sie noch nicht so weit sind.

Jan Hörl zeigte heuer im Sommer-Grand-Prix auf und war im Training der stärkste ÖSV-Springer

Jan Hörl zeigte heuer im Sommer-Grand-Prix auf und war im Training der stärkste ÖSV-Springer

  • seinen Umgang als Trainer mit den Athleten 

Mir ist der Austausch mit den Sportlern extrem wichtig, weil das in meiner Zeit als Springer viel zu kurz gekommen ist. Ich binde die Athleten ganz bewusst ein, weil sie müssen die Entscheidungen auch mittragen. Sie sind die Hauptakteure. Und wenn die angepisst sind, weil ich mich nicht mit ihnen befasse, dann werden wir nicht erfolgreich sein. Ich bin kein Trainer, der über die Sportler drüberfährt, das würde auch nichts bringen. Ich höre schon immer genau hinein und versuche, das umzusetzen, was ihnen so vorschwebt.

  • das Teamgefüge mit einem 40-Jährigen, einem werdenden Papa und einem 19-Jährigen 

Das ist echt spannend, weil wir so unterschiedliche Typen in der Mannschaft haben. Du musst dich als Trainer anpassen. In den letzten Jahren war’s immer so, dass Stefan Kraft das Aushängeschild war. Dann sind Daniel Tschofenig und Jan Hörl in den Kreis der Sieger dazugekommen. Das war in Hinblick auf die Tournee auch wichtig für Stefan Kraft. Weil er nicht wie sonst die Last der ganzen Nation tragen musste.

  • die Limitierung des Starterfelds auf fünf Springer pro Nation 

Die Quotenregelung ist blöd, weil man vielen jungen Skispringern damit die Chance verdirbt, ins Team zu kommen und im Weltcup zu springen. Es gibt angeblich die Idee, die Quote noch weiter zu reduzieren. Das wird dann immer noch ärger für junge Athleten, die den Sport irgendwann einmal prägen sollen und gar nicht die Chance kriegen, da reinzuwachsen. Ich behaupte: Wenn es kein Limit gäbe, dann hätten wir aktuell sicher zehn Springer in den Top 30.

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