ÖSV-Speedteam nimmt Fahrt auf

Max Franz (li.) und Hannes Reichelt kletterten nach dem Super-G aufs Podest.
Österreichs Abfahrern gelang in Lake Louise der beste Saisonstart seit Jahren.

Andreas Puelacher müsste lügen, wenn er behauptete, er würde gerade keine große Genugtuung verspüren. Seit er Cheftrainer der österreichischen Ski-Herren ist, begleiten den Tiroler die Fragen zur Lage der Abfahrts-Nation. Was sich Puelacher in den letzten Jahren nicht alles hatte anhören müssen: Mal hieß es, die Österreicher hätten in der Königsdisziplin die Entwicklung verschlafen, mal wurde die Risikobereitschaft der Athleten bemängelt, praktisch immerzu war von einer Abfahrts-Krise die Rede.

Schon allein deshalb war das erste Speed-Wochenende in diesem Winter für Andreas Puelacher und seine Betreuerkollegen ein echter Gewinn – auch wenn es in Lake Louise knapp nicht zum österreichischen Sieg reichte. "Wir sind auf einem guten Weg", sagte der Tiroler nach dem zweiten Platz von Olympiasieger Matthias Mayer in der Abfahrt und den Rängen zwei (Max Franz) und drei (Hannes Reichelt) im Super-G. Nur zum Vergleich: Im vergangenen Winter hatte es bis Mitte Jänner, bis zu den Hahnenkammrennen in Kitzbühel gedauert, ehe die ÖSV-Speedherren drei Podestplätze eingefahren hatten.

Trainereffekt

Damit hat sich der Trainereffekt gleich am ersten Wettkampfwochenende eingestellt. Seit einem halben Jahr macht Sepp Brunner Österreichs Abfahrern Beine, der Steirer war zuvor jahrelang in der Schweiz tätig und formte dabei Patrick Küng (2015) und Beat Feuz (2017) zu Abfahrtsweltmeistern. Nichts anderes wird vom Trainer-Routinier nun in Österreich erwartet, wobei Brunner nicht erst seit dem gelungenen Auftakt in Lake Louise überzeugt ist, dass die Ski-Nation Nummer eins schon bald auch wieder die Hoheit in der Abfahrt haben wird.

"Ich bin sicher, dass man mit dieser Mannschaft viel erreichen kann. Ein Max Franz oder ein Matthias Mayer kommen ja jetzt erst ins beste Abfahrer-Alter", sagt Brunner im KURIER-Gespräch. "Das Ziel muss jedenfalls sein, dass Österreich in der Abfahrt wieder tonangebend wird."

Aufholbedarf

Es muss ja nicht gleich so eine Dominanz sein, wie sie Marcel Hirscher in den technischen Disziplinen in den vergangenen Jahren zeigte. In Vail/Beaver Creek, wohin die Speedfahrer direkt von Lake Louise übersiedelt sind, wird auch der Gesamtweltcupsieger zum ÖSV-Team stoßen. Hirscher reist, wie etliche andere Kollegen (Manuel Feller, Roland Leitinger) nur für den Riesentorlauf am Sonntag nach Übersee.

Mit im Gepäck hat der 28-jährige Salzburger viele Fragezeichen und vergleichsweise wenig Optimismus. Nach seinem Außenknöchelbruch hat Marcel Hirscher noch jede Menge Aufholbedarf, auch mit den neuen Riesentorlauf-Skiern muss er sich erst anfreunden. "Die drei Monate Trainingsrückstand schmerzen ungemein", erklärt Hirscher in seinem Blog und bremst die öffentlichen Erwartungen in ihn. "Die sechs Skitage, die ich bisher auf dem neuen Material gesammelt habe, reichen hinten und vorn nicht."

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