Schröcksnadel: "Anna akzeptiert alle Regeln"

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner (re.).
Anna Fenninger bleibt nach einer Aussprache mit Peter Schröcksnadel beim ÖSV und entschuldigt sich. Mit ihrem Manager will der ÖSV nichts mehr zu tun haben.

Dass der 26. Geburtstag von Anna Fenninger mit dem 200. Jahrestag der Schlacht von Waterloo zusammenfällt, mag Zufall sein – jedenfalls bildete dieses Szenario den Rahmen für die Verkündung des Urteils des Österreichischen Skiverbandes im Streit mit seiner derzeit erfolgreichsten Skirennläuferin.

Olympia-Gold gewann die Salzburgerin einmal, den Gesamtweltcup zwei Mal, WM-Gold drei Mal – und bei einem Gespräch am Mittwoch in Innsbruck auch wieder das Herz von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Conclusio der halbstündigen Pressekonferenz des ÖSV-Chefs im Wiener Hotel Marriott am Donnerstag: Man hat sich wieder lieb, Anna Fenninger bleibt im ÖSV-Team.

Mit ihrem Manager Klaus Kärcher aber will der ÖSV nichts mehr zu tun haben: „Wenn einer ganz Österreich auseinanderdividiert, ist er kein guter Manager“, sagte Schröcksnadel. „Manager wird er nicht bleiben, vielleicht Berater. Ich habe Anna angeboten, dass sie von uns alles kriegt, was sie braucht. Einen Kopfsponsor kann der Kärcher bringen, völlig wurscht, es geht um andere Dinge im Leben.“

Was war

Viel Porzellan war zerbröselt worden: Gerüchte um einen Nationenwechsel Fenningers; Gerüchte um Mercedes als Kopfsponsor; das eMail der Salzburgerin, das von einem Unbekannten an die Öffentlichkeit gespielt wurde; die vermeintliche Einigung letzte Woche; das Mercedes-Inserat; der darob entflammte Streit; Anwaltsbriefe; die Facebook-Mitteilung Fenningers am Dienstag, in der sie dem Verband „Lügen“ vorhielt.

Konsequenzen waren angedroht, die gibt es nun nicht. Schröcksnadel: „Ich könnte sagen, wir sind beleidigt und betrogen worden. Aber Sanktionen hätten einen Rechtsstreit zur Folge gehabt, und darauf wollten wir uns nicht einlassen. Wir hätten sie freigegeben und ihr eine ÖSV-Lizenz gegeben. Dann hätte sie ein Privatteam machen können, dann hätte sie auch gesehen, was für ein Riesenaufwand in unserer Arbeit drinsteckt.“

Die Wende kam überraschend, und ausgelöst hat sie Rainer Salzgeber. Der Rennsportchef von Fenningers Skifirma Head „hat mich angerufen und gefragt, ob ich nicht mit Anna reden will. Ich hab’ gesagt, man kann immer mit mir reden. Das Gespräch wurde um halb vier gestartet, um sechs war’s fertig“, berichtete der ÖSV-Chef.

Was ist

„Ich denke, dass Anna jetzt sieht, dass sie in die falsche Richtung geleitet worden ist. Wenn man eine solche Kampagne machen will wie die mit Mercedes, dann muss man die uns vorlegen“, sagte Schröcksnadel, das sei aber nicht passiert (was Klaus Kärcher ja auch im KURIER eingestanden hat – das Thema sei zwar angeschnitten worden, das Inserat habe man aber nicht auf den Tisch gelegt).

Peter Schröcksnadel sprach vieles an. Etwa...

das ÖSV-System: Im Skiverband haben wir derzeit 400 Athleten und 200 Betreuer. Mir wird vorgeworfen, ich manipuliere mit Zahlen. Wir haben 95 Prozent private und eigenverdiente Mittel und nur fünf Prozent Förderungen. Wenn man uns unterstellt, dass wir zehn oder elf Millionen Euro Förderungen hätten, dann rechnet man Infrastruktur wie Sprungschanzen hinein. Wir bekommen bereinigt 1,6 Millionen Euro. Wir sind froh über dieses Geld, aber wir leben nicht davon. Ohne diese Summe könnten wir jedoch einige Dinge nicht machen, etwa im Behindertensport.

Teamsponsoren: Sie bringen einen Teil unserer Einnahmen, einen zweiten die TV-Rechte, einen dritten die Weltcups. Damit finanzieren wir sämtliche Trainings und Renneinsätze von Aktiven und Jugendlichen. Wir bezahlen alles bis zu Nachspeis’ und Kaffee, 25 Millionen Euro im Jahr. Das kann nur sein, wenn unsere Regeln eingehalten werden: Athleten werben für Teamsponsoren, aber keine Konkurrenzprodukte.

Die Zukunft: Anna hat gesagt, der Vorwurf der Lüge tue ihr leid. Es ist alles aufgeklärt, sie hat sich entschuldigt und akzeptiert alle Regeln. Sie wird wieder voll in die Mannschaft integriert.

Das eMail: Ich habe Anzeige erstattet. Wenn’s einer von uns weitergeleitet hat, fliegt er raus. Wenn’s einer von der Anna war, wird sie die Konsequenzen ziehen müssen.

Der Medienauflauf im Wiener Hotel Marriott war enorm, die Zahl der Pressesprecher, die den ÖSV-Chef begleiteten (fünf), kam freilich nicht an die Menge der Journalisten heran (rund 60). Es war ja auch in der Tat beachtlich, was da zu verkünden war: ein Burgfrieden, nur Stunden, nachdem die maximale Eskalationsstufe erreicht schien.

Peter Schröcksnadel war die ganze Angelegenheit mit seiner Vorfahrerin derart an die Nieren gegangen, dass er ins Spital musste. Von Lähmungserscheinungen in der linken Körperhälfte berichtete der 73-Jährige; als er dann bei den Ärzten war, seien sie wieder weg gewesen. Vielleicht ein Anfall von hohem Blutdruck, vielleicht eine Folge einer Wirbelverletzung, die der Tiroler einst erlitten hatte.

Auch Anna Fenninger hat gelitten unter der Situation, wie ihr emotionales Posting vom Dienstag zeigte.

Ob das letzte Wort wirklich schon gesprochen ist, steht freilich auf einem anderen Blatt: Um 12.11 Uhr teilte Klaus Kärchers Firma Vitesse am Donnerstag per eMail mit, dass Fenninger "weiterhin beraten und vertreten" werde.

Skiverband und Management täten gut daran, abseits aller Animositäten und Interessen auf das Wichtigste zu achten: das Wohl der Ausnahmeathletin. Mehrfach hatte sich Anna Fenninger bitter beklagt, dass auf ihre Bedürfnisse zu wenig Rücksicht genommen worden sei. Dafür wäre nun Zeit. Denn sonst können die goldenen Zeiten für alle schnell vorbei sein.

Jürgen Kriechbaum (Damen-Rennsportleiter/zur APA): "Natürlich bin ich über die Einigung sehr froh, weil man schon vieles durchmacht, Erfolge, Misserfolge, das verbindet schon sehr. Ich nehme an, dass es jetzt schon einigermaßen so weitergehen wird wie in der Vergangenheit. Wenn ich mir vorstelle, dass sie mit einem eigenen Team außerhalb des ÖSV mit österreichischer Lizenz fährt, aber letztendlich kein gemeinsames Training machen kann, dann stößt du auf gröbste Probleme, man kann sich nicht aus dem Weg gehen. Deswegen bin schon sehr froh, es wäre nicht besonders gut gewesen. Wirtschaftlich wäre es möglich, sportlich hätte es gröbste Auswirkungen. Wie sich das alles jetzt auf Anna auswirken wird, kann ich schwer beurteilen. Man muss jetzt über die ganzen Vorgänge schon einmal intensiv nachdenken, warum es so weit gekommen ist. Ich glaube schon, dass das zu klären ist. Dann kann man endgültig einen richtigen Schlussstreich ziehen und damit abschließen. Wann Anna das nächste Mal bei einem Trainingskurs dabei sein wird, kann ich jetzt nicht so genau sagen, sie wird aber im August mit nach Neuseeland fliegen."

Rainer Salzgeber (Head-Rennchef/zur APA): "Logisch, wir müssen alle sehr zufrieden sein, dass es so gekommen ist. Es war mir auch ein persönliches Anliegen, ich kenne Anna, seit sie zwölf Jahre ist. Aber es hilft nichts, es müssen die zwei Hauptpersonen ein Gespräch führen, das ist zum Glück passiert. Ich glaube, dass es hält. Es waren Punkte zu besprechen, und die sind ausgesprochen. Peter (Schröcksnadel/Anm.) hat klar und ehrlich seine Standpunkte vertreten. Anna ist eine jener Damen, die mit Druck und unangenehmen Situationen umgehen kann. Das zeichnet sie aus. Das sportliche Umfeld war davor und ist jetzt geregelt, das passt alles."

Mikaela Shiffrin (US-Skirennläuferin/via Facebook): "Du bist eine der Schlüsselpersonen, die diese Begeisterung für unseren Sport schaffen. Ich bewundere diese Tapferkeit, ich hoffe, dass du den gegenwärtigen, unglücklichen Konflikt überwinden wirst und es eine gute Lösung für alle geben wird."

Gerald Klug (Sportminister/via Ausendung): "Dieser Konflikt hat ganz Österreich bewegt. Es ist wichtig, dass es jetzt zu einer Einigung gekommen ist. Anna Fenninger ist unsere erfolgreichste Skisportlerin. Ich freue mich, dass sie dem österreichischen Sport auch zukünftig erhalten bleibt. Ich hoffe, dass sich Anna Fenninger jetzt wieder ganz auf den Sport und ihre Vorbereitungen auf die kommende Saison konzentrieren kann."

Mirna Jukic (ehemalige Schwimmerin/via Blog): "Das Einzige, was irgendwie auf der Habenseite steht, ist eine enorme Medienpräsenz einer Wintersportart mitten im Juni. Die Zeitungen sind voll mit Skifahren, während das Fußballnationalteam gerade den vorentscheidenden Schritt zur Fußballeuropameisterschaft gemacht hat! Das ist schon eine Leistung. Aber in dieser Form werden doch nur alle Beteiligten medial beschädigt. Das ist ein hoher Preis und ein Spiel ohne Gewinner."

Dieter Krassnig (ehemaliger österreichischer Snowboardprofi/via Blog): "Anna, schick diesen Manager in die Wüste!"

Fenningers Management (via Aussendung): "Anna Fenninger wird weiterhin durch die Agentur Vitesse Kärcher vertreten und beraten."

ÖSV-Damen-Skiteam (via Twitter): "Einigung zwischen dem ÖSV und Anna Fenninger! Gut, dich im Team zu haben!"

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