Fenninger reicht's: "Habe diese Lügen satt"

Fenninger reicht's: "Habe diese Lügen satt"
Ein Mercedes-Benz-Inserat mit der Gesamtweltcupsiegerin lässt den Zwist mit dem ÖSV wieder aufleben. Der Konzern stornierte weitere Schaltungen.

Ende gut, alles gut?“, begann die letzte KURIER-Geschichte zur Causa Anna Fenninger/Österreichischer Skiverband. Das war am 12. Juni, und die Worte waren nach der verkündeten Einigung zwischen den Konfliktparteien durchaus mit Bedacht gewählt. Zu Recht: Seit im aktuellen Profil ein ganzseitiges Inserat von Mercedes-Benz erschienen ist, das zur einen Hälfte mit dem Porträt der Gesamtweltcupsiegerin und zur anderen mit einem Auto in Silber illustriert ist, eskaliert der Konflikt neuerlich.

Warum? Der Autobauer ist ein direkter Konkurrent von ÖSV-Partner Audi, der dem Skiverband eine ganze Fahrzeugflotte stellt. Um den Eindruck von Werbung zu entkräften, heißt es im Inserat: „Mercedes-Benz unterstützt Anna Fenninger bei ihrem Engagement für die Laureus Sport for Good Foundation und Build-an-Ark“. Und: Für jedes Auto der abgebildeten Baureihe, das heuer in Österreich verkauft wird, spende der Fahrzeugbauer aus Stuttgart „Euro 50,- an die Laureus Sport for Good Foundation“. Das Auto kostet übrigens rund 57.000 Euro.

Konkurrenten

Fenninger reicht's: "Habe diese Lügen satt"
Inserat, Mercedes-Benz, Österreich, Anna Fenninger
Zurück zur Laureus-Stiftung: Diese ist untrennbar mit dem Autobauer verbunden, 1999 wurde sie von der Daimler AG und dem Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont (mit Marken wie Cartier, Dunhill und Montblanc) gegründet. Es werden Sport-Preise vergeben, vor allem aber Projekte für sozial und/ oder körperlich benachteiligte Kinder und Jugendliche realisiert.

Anna Fenninger ist seit dem Frühjahr Botschafterin für Laureus – im Gegensatz zu ihren vier heimischen Kollegen (Felix Gottwald, Franz Klammer, Hermann Maier, Thomas Muster) aber auch aktive Sportlerin. Als solche ist sie an die Athletenvereinbarung mit dem ÖSV gebunden, die Werbung für Konkurrenzprodukte untersagt, die den Interessen des Verbandes und seiner Partner zuwiderläuft. Heißt: Mercedes-Benz gegen Audi geht nicht.

Hier wird es interessant und spitzfindig: Wirbt der schwäbische Autobauer nun mit Anna Fenninger oder nicht? Ihr schwäbischer Manager Klaus Kärcher verneint: „Die Kampagne ist ausschließlich im Zusammenhang mit Annas sozialem Engagement für Laureus und in ihrer Rolle als Botschafterin für den Cheetah Conservation Fund und ihre Unterstützung für die Geparden zu sehen.“ Der Skiverband sieht das nicht so und hat eine Frist von zwei Tagen gesetzt, um die Kampagne zu stoppen.

Diesem Ansinnen kam Mercedes-Benz Österreich am Dienstagabend nach: "Da wir in keiner Weise die sportliche Zukunft von Anna Fenninger gefährden wollen, werden wir sofort alle Schaltungen - soweit noch möglich - stornieren. Das sportliche Wohl von Anna Fenninger geht natürlich vor unsere aktuelle Charity-Aktion für Laureus."

Widersprüche

Kampagnen wie die jetzige seien bei der Gesprächsrunde in der letzten Woche „expressis verbis ausgeschlossen worden“, sagte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel der APA. Beim gemeinsamen Termin in Salzburg war er nicht, weil er sich „bewusst“ aus der Causa herausgehalten habe. Fenninger und Kärcher erklären, man habe am 10. Juni sehr wohl auch den Grund für den jetzigen Wirbel angesprochen, allerdings nicht das Inserat vorgelegt.

Dem widersprach ÖSV-Anwalt Herbert Hübel am Dienstagnachmittag in einer Aussendung, und er forderte die Gegenseite auf, "derart unrichtige und dem wirtschaftlichen Fortkommen des Österreichischen Skiverbandes, sowie seiner angehörigen Sportler schadenden Äußerungen zu unterlassen".

Peter Schröcksnadel will am Freitag die Präsidentenkonferenz des Verbandes mit dem Thema befassen. Dieses Gremium soll auch über Konsequenzen entscheiden – wie es nach der Stornierung weiterer Inserate weitergeht, war am Dienstagabend nicht abzusehen.

Im Extremfall könnten Anna Fenninger, der zweifachen Weltmeisterin, der zweifachen Gesamtweltcupsiegerin, der Olympiasiegerin, zwei Jahre im sportlichen Abseits drohen. Denn sollte sie künftig nicht mehr für den ÖSV fahren (dürfen?), müsste sie zuvor 24 Monate in ihrer neuen skifahrerischen Heimat gelebt haben, ehe der Internationale Skiverband sie wieder starten lässt. Den entsprechenden Pass bräuchte sie natürlich auch.

Rundumschlag

Am Dienstagabend meldete sich dann Anna Fenninger per Facebook zu Wort – und das so heftig wie nie zuvor: Die Olympiasiegerin holte in ihrem Statement zu einem Rundumschlag gegen den ÖSV und dessen Präsident Peter Schröcksnadel aus:

"Wenn man an einem Punkt angelangt ist und merkt, dass man jahrelang hintergangen wird, Versprechen nicht eingehalten worden sind, sich fügen ohne Argumentation täglich Brot ist, Wertschätzung gegenüber Frauen an frühere Zeiten erinnert, dass alle nach der Pfeife von nur einem einzigen tanzen müssen, ist man erfolgreich. Man wird hin und her gereicht. Und am Ende des Tages? Das Ergebnis? Ein stolzer Tiroler, der die Hände nicht mehr runter bekommt. Irgendwann stellt man sich eine Grundsatzfrage: Füge ich mich dem System? Sollte ich akzeptieren, dass man als Frau immer zurückstecken muss? Ich bin immer schon meinen eigenen Weg gegangen. Habe auch außerhalb vom 'System' meine Entscheidungen getroffen. Sonst wäre ich jetzt nicht da, wo ich bin."

Das letzte Wort ist sicher noch nicht gesprochen.

Fenningers Facebook-Reaktion im Wortlaut:

Kommentare