Eines muss man Peter Schröcksnadel lassen. Seit seinem Rücktritt als ÖSV-Präsident im Sommer 2021 hält er sich mit Aussagen über den Österreichischen Skiverband und seine Nachfolgerin Roswitha Stadlober dezent zurück. Das einzige Thema, bei dem er sich echauffieren kann, ist das veränderte Logo des ÖSV. „Das gefällt mir nicht.“
Schröcksnadel verfolgt den Weltcup immer noch intensiv. Seine eigenen Skiambitionen musste er in den vergangenen Monaten etwas zurückstecken, nachdem er sich bei einem Sturz im Bad eine schwere Hüftprellung zugezogen hatte. „Das hätte viel schlimmer ausgehen können. Scheinbar bin ich ganz stabil“, sagt der 82-Jährige.
KURIER: Wie präsentiert sich für Sie der Ski-Weltcup?
Peter Schröcksnadel: Ich würde sagen: Holprig. Das hat bereits mit einer Absage in Sölden angefangen. Dann noch die Absagen der Abfahrten in Zermatt-Cervinia. Wenn man so in die Saison startet, wird’s schwierig. Ich finde die Kalenderplanung nicht gut.
Was stört Sie daran?
Du kannst diese abgesagten Rennen ja eigentlich nicht mehr nachholen, weil der Terminplan viel zu dicht ist. Und trotzdem haben sie’s probiert – jetzt sieht man, was dabei herausgekommen ist.
Und warum? Weil sie einfach überbelastet sind. Nicht nur körperlich, auch mental. Ich halte gar nichts davon, drei Rennen an drei Tagen hintereinander zu fahren. Das Verletzungsrisiko wird dann einfach zu hoch. Irgendein Experte hat gemeint, die Verletzungen wären alle nur aufgrund von Fahrfehlern passiert. Aber wie kommen Fahrfehler denn zustande? Wenn die Sportler müde sind und die Konzentration nachlässt. Es ist schon bedenklich, wie viele Topläufer es in diesem Winter erwischt hat: Kilde, Schwarz, Vlhova, Pinturault – wenn sich die Besten der Welt verletzen, müssen die Alarmglocken schrillen.
Ist das Problem nicht hausgemacht? Der Weltverband FIS wollte unbedingt 90 Saisonrennen.
Die Athleten sind überbeansprucht. Seien wir ehrlich: Für den Ski-Weltcup ist das keine Werbung. Die Kalenderplanung gehört dringend überdacht.
Zu Saisonbeginn braucht es Technik-Rennen, die sind sicherer und leichter durchzubringen. Zu dem Zeitpunkt darf man keine Risikorennen wie die Abfahrt in Zermatt machen. Mich stört aber noch etwas anderes.
Was denn?
Ich glaub’ nicht, dass es so gut ist für den Sport und das Produkt, wenn man wie heuer in Wengen oder in Kitzbühel zwei Abfahrten macht. Da fehlt dann das Alleinstellungsmerkmal. Dadurch wird der Sport ein wenig verwässert. Mein Vorschlag war immer: Unter der Woche fahren wir die technischen Disziplinen und am Wochenende primär Abfahrt und Super-G. Da muss man ein gescheites System reinbringen.
FIS-Präsident Johan Eliasch will den Weltcup expandieren. Muss der Skisport denn neue Märkte erobern?
Ich sehe das komplett anders. Wie viele Versuche hat es schon gegeben, den Fußball in den USA einzuführen? Dort drüben steht Fußball immer noch weit hinter Football, Baseball und Basketball. Du brauchst einfach gewachsene Strukturen und eine Schneekultur. Sonst wird das nichts. Bei den Olympischen Spielen 2018 in Korea sind wir vor leeren Tribünen gefahren.
Was sagt Ihnen das?
Skifahren ist primär ein Sport der Alpenländer. Du kannst nicht den Weltcup in ein anderes Land setzen und glauben, es geht.
Apropos andere Länder: Der Herren-Weltcup fährt heuer ein zweites Mal in die USA.
Das ist eine Katastrophe. Ich hab’ diesem Plan seinerzeit nur zugestimmt, weil FIS-Präsident Johan Eliasch versichert hat, dass die Rennen in den USA live übertragen werden und wir viele TV-Zuschauer haben werden. Wissen Sie, wie viele Leute letztes Jahr in ganz Amerika eingeschaltet haben: 40.000. Die haben wir in Österreich vor Ort bei den Rennen.
Die USA-Rennen waren eine Idee von Präsident Eliasch.
Die Aufgabe des Präsidenten wäre es, den Verband und die Nationen zusammen zu halten und Geld aufzutreiben. Was hat Eliasch erreicht? Zwischen den großen Nationen und den Kleinen gibt’s eine Kluft. Das muss man dringend richten und kitten.
Hat Johan Eliasch die Kraft und das Standing dafür?
Das Standing hat er heute sicher nicht mehr. Ich an seiner Stelle wäre schon lange zurückgetreten. Er hat Aktionen gesetzt, die eines Präsidenten nicht würdig sind.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Johan Eliasch?
Ich habe keines mehr. Vor einem Jahr habe ich den Kontakt komplett abgebrochen.
Was war der Auslöser?
Ich war ja seinerzeit in der FIS-Marketinggruppe. Johan Eliasch hat Sachen gemacht, die ich nicht gut finde. Ich habe mich zum Beispiel geweigert, bei einigen Abstimmungen die Hand zu heben. Er hat von mir ein Anwaltsschreiben erhalten, dass ich nicht mehr dabei sein möchte.
Wie sieht es aus, wenn Sie beide sich bei einem Weltcup über den Weg laufen?
Dann schaut er vorbei. Und zwar ganz bewusst. Damit kann ich aber gut leben. Ich grüße ihn schon. Es passt ja, wenn man mit jemandem nicht gut ist. Aber deswegen muss ich nicht gleich sein Feind sein. Man wird wohl andere Meinungen tolerieren können. Das ist Demokratie.
Hat Johan Eliasch als FIS-Präsident eine Zukunft?
Ich hoffe, dass er nach der nächsten Wahl nicht mehr Präsident ist. Er ist nämlich nicht in Ordnung.
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