Operation Aderlass: Wer geht noch ins Doping-Netz?

Operation Aderlass: Wer geht noch ins Doping-Netz?
Warum die Razzia in Seefeld möglich war, was sie gebracht hat und was noch folgen wird.

Der Tag nach dem großen Knall. Max Hauke und Dominik Baldauf haben das Eigenblutdoping gestanden und wurden danach enthaftet. Die Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen. So blieben etwa zwei estnische Athleten ebenso in Haft wie zwei deutsche Komplizen, gegen die wegen gewerbsmäßigem Doping ermittelt wird.

  • Warum erfolgte in Seefeld der Zugriff der Polizei?
    Ziel war, Sportler auf frischer Tat zu ertappen. Die NADA (Nationale Anti-Doping Agentur Austria; Anm.) war schon seit mehreren Monaten in den Prozess eingebunden und arbeitete eng mit der Polizei zusammen. „Der Einsatz war genau getimed“, sagt David Müller, Leiter der Doping-Prävention der NADA. „Auch wenn es für die Veranstalter denkbar schlecht war, ist es für uns sehr gut gelaufen. Es wurde ein Sportler mit der Nadel im Arm erwischt.“
  • Was weiß man über die Männer im Hintergrund?
    Deutsche Medien nannten bereits den Namen des Sportmediziners in Erfurt, der im Zentrum stehen soll. „Der Arzt ist kein Unbekannter“, sagt Müller. „Der war schon im Fall Bernhard Kohl involviert.“ Nicht nur deshalb stand der Mediziner mit seinen Helfern schon lange im Fokus der Ermittlungen.

KURIER News: Empörung über Doping-Skandal

  • Sind auch andere Sportler als die zwei Österreicher, die zwei Esten und der Kasache betroffen?
    „Es werden sicherlich auch andere Sportarten betroffen sein“, sagte Dieter Csefan vom Bundeskriminalamt am Mittwoch und er sprach von einem weltweit agierenden Netzwerk und einer „kriminellen Organisation“. Die Praxis in Erfurt ist eine lizenzierte sportmedizinische Untersuchungsstelle des Landessportbundes Thüringen. Dort betreute der Arzt 50 bis 60 Profi-Sportler, unter anderem Schwimmer, Radfahrer, Fußballer, Handballer und Leichtathleten. Wie viele davon gedopt haben, ist unklar. Doch es sollen zahlreiche Blutbeutel sichergestellt worden sein. Mittels Klarnamen, Codes oder DNS-Abgleichen werden diese wohl bestimmten Sportlern zugeordnet werden können.
     
  • Sind weitere Razzien zu erwarten?
    In Seefeld eher nicht. Doch bei der Biathlon-WM in Östersund (ab 7. März) könnte die nächste Aktion folgen.

Interview mit Peter Schröcksnadel

  • Gibt es eine Möglichkeit, Eigenblutdoping nachzuweisen oder muss man die Athleten in flagranti erwischen?
    Derzeit gibt es noch kein anerkanntes Kontrollverfahren, um Eigenblut-Doping nachweisen zu können. Doch die langfristige Beobachtung der Blutwerte der Athleten kann den Dopingjägern Hinweise liefern. Solche Sportler geraten auf das Radar und werden – wie Johannes Dürr 2014 – dann öfter zu Dopingtests gebeten.
     
  • Ist EPO noch verbreitet?
    Ja, denn es erhöht auf künstliche Weise die Anzahl der roten Blutkörperchen.
  • Welche Rolle spielt Kobald im Doping?
    In den 1950er Jahren wurden bei Patienten mit Blutarmut medizinische Versuche mit Kobald gemacht. Das Mittel hatte aber extreme Nebenwirkungen. In den vergangenen Jahren erlebte Kobalt als Dopingmittel ein Revival. Es hat den Vorteil, dass es nur wenige Stunden nachweisbar ist. Beim österreichischen Langläufer Harald Wurm wurde 2015 bei einer Hausdurchsuchung Kobalt gefunden.
     
  • Was sind die sogenannten S-0-Präparate?
    Medikamente, die noch nicht auf dem Markt sind. Sie sind nur auf dem Schwarzmarkt um viel Geld erhältlich. „Diese Mittel sind für Athleten sehr interessant“, sagt ein Insider dem KURIER.

Wie der KURIER weiß, kursiert seit Donnerstagabend ein Video in den sozialen Netzwerken, das den mutmaßlichen Dopingsünder Max Hauke während einer unerlaubten Bluttransfusion zeigt. Aus rechtlichen, wie auch moralisch-ethischen Gründen werden wir dieses nicht verbreiten.

Kommentare