Staatsanwaltschaft: Langläufern drohen bis zu drei Jahre Haft

NORDISCHE SKI WM 2019 IN SEEFELD: MEDAILLENFEIER /  BALDAUF, HAUKE (AUT)
Sie könnten wegen des Vergehens des Sportbetrugs angeklagt werden. Die Vernehmungen sind noch nicht abgeschlossen.

Den fünf Sportlern, die am Mittwoch im Zuge einer Anti-Doping-Razzia gegen ein international agierendes Netzwerk in Seefeld in Tirol festgenommen worden waren, drohen bis zu drei Jahre Haft. Sie könnten wegen des Vergehens des Sportbetrugs angeklagt werden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Hansjörg Mayr, am Donnerstag.

Doping selbst sei nach österreichischer Rechtslage nämlich nur strafbar, wenn man es bei jemand anderen anwendet. Wenn man sich als Sportler selbst dopt, sei das nach dem Dopinggesetz nicht strafbar. "Es gibt aber eben das Vergehen des Sportbetrugs", erklärte Mayr. Am Donnerstagvormittag waren die Einvernahmen der Sportler noch im Laufen. Ob über sie U-Haft verhängt wird, müsse bis spätestens Freitag zu Mittag entschieden werden. Auf freiem Fuß sei aber noch keiner von ihnen.

Empörung nach Doping-Skandal in Seefeld

Härteres Strafmaß

Das Ermittlungsverfahren gegen die Sportler werde jedenfalls von der Staatsanwaltschaft Innsbruck durchgeführt. Es sei aber möglich die Verfahren gegen die ausländischen Athleten an ihre jeweiligen Heimatländer abzutreten. Ob dies geschehen werde, stehe aber noch nicht fest, so Mayr. Für den Sportmediziner und seine Komplizen, auch für jene beiden, die in Seefeld festgenommen wurden, sei die Staatsanwaltschaft München I zuständig.

Der Sportmediziner und seine Komplizen könnten nach deutscher Rechtslage entweder nach dem Arzneimittel- oder dem Dopinggesetz angeklagt werden. Ihnen könnten bis zu zehn Jahre Haft drohen. Auch bei dem Sportmediziner und seinem in Erfurt festgenommen Komplizen sei über eine mögliche Verhängung der Untersuchungshaft noch nicht entschieden worden. Sie sollen aber vermutlich noch heute, Donnerstag, dem Haftrichter vorgeführt werden, meinte Leiding. Die in Seefeld festgenommenen Komplizen werden voraussichtlich nach Deutschland ausgeliefert, wann dies geschehen werde, stehe aber noch nicht fest.

Weitere Sportler, die mit dem Netzwerk in Verbindung stehen könnten, seien bisher noch nicht ausgeforscht worden. Es gebe auch noch keine weiteren Festnahmen, hieß es sowohl von der Staatsanwaltschaft Innsbruck, als auch aus München. Jener Sportler, der auf frischer Tat ertappt worden war, wurde jedenfalls nicht, wie zunächst fälschlich behauptet, in der Unterkunft der Österreicher ertappt, sondern im Apartment der in Seefeld festgenommenen Komplizin des Sportmediziners, betonte Mayr.

Vierjährige Sperre droht

Die österreichische Anti-Doping Agentur (NADA) wird als zuständiges Organ demnächst Disziplinarverfahren gegen die unter Blutdopingverdacht stehenden Hauke und Baldauf einleiten. Wie im Regulativ vorgesehen, ist demnächst mit einer Verfahrenseinleitung gegen Hauke und Baldauf zu rechnen. "Es besteht der Verdacht der Anwendung der verbotenen Methode Blutdoping, wir werden zum gegebenen Zeitpunkt ein Verfahren einleiten", sagte NADA-Vertreter David Müller. Baldauf und Hauke drohen Sperren von je vier Jahren. Es könne aber auch sein, dass sie durch die Mitwirkung beim Aufdecken von Hintermännern als Kronzeugen eine Reduktion erhalten.

Für die anderen drei Sportler aus Estland und Kasachstan sei der Internationale Ski-Verband FIS zuständig. Dieser könne die Verfahren aber auch an die nationalen Verbände oder NADOs abtreten.

"Wie am Reißbrett geplant abgelaufen"

Die NADA hatte seit geraumer Zeit Kenntnis von den behördlichen Ermittlungen gegen das mutmaßliche Dopingnetzwerk, erläuterte Müller. "Wir sind seit Monaten über die Polizeiermittlungen informiert gewesen. Ab dem Zeitpunkt, wo die Polizei einen Anfangsverdacht hatte, hat sie uns eingebunden, wo sie es im Rahmen der Ermittlungen für sinnvoll gehalten hat."

Bei der Durchführung der Razzia in Seefeld sei man mit einem Mitarbeiter vor Ort zugegen gewesen. "Der gesamte Einsatz ist wie am Reißbrett geplant abgelaufen", so Müller. Mit dem Bundeskriminalamt (BK) arbeite man auf einer guten Vertrauensbasis zusammen, die man sich über die Jahre nach anfänglichen Berührungsängsten aufgebaut habe.

Weitere Sportler könnten hinzukommen

Der Experte glaubt, dass die Zusammenarbeit mit Behörden künftig zu einem noch wichtigeren Pfeiler der NADA-Arbeit werden wird. "Mit Kontrollen können wir nur Einzelpersonen erwischen, die haben keine Motivation, Hintermänner auszuforschen. Die Polizei hat durch Observationen und Hausdurchsuchungen ganz andere Mittel. Genau solche Aktionen sind aus meiner Sicht die Zukunft der Anti-Doping-Arbeit, um Netzwerke auszuheben."

Im aktuellen Fall sei noch nicht abzuschätzen, ob es noch weitere betroffene Sportler geben könnte. Abhängig von der Beweislage und natürlich den Aussagen der Verdächtigen sei das aber natürlich möglich, so Müller. "Wir warten jetzt einmal ab, was die Polizei tatsächlich sichergestellt hat und schauen uns an, wie die Zuordenbarkeit der beschlagnahmten Blutkonserven aussieht". Noch wisse man nicht, ob die in Deutschland sichergestellten Blutkonserven Klar- oder Codenamen aufweisen, sagte Müller und verwies auch auf mögliche DNA-Abgleiche.

Schröcksnadel: "Es tut sehr weh"

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, wurden in der Praxis des am Vortag festgenommenen Sportmediziners in Erfurt auch Fußballer, Schwimmer, Radsportler, Handballer und Leichtathleten behandelt. Der deutsche Ski-Verband gibt an, dass es keinen Kontakt zu dem Mediziner gegeben habe. "Der Arzt, wenn man ihn denn überhaupt noch so bezeichnen mag, hat keine Verbindungen zum Deutschen Skiverband, zumindest keine Verbindungen, die uns irgendwie bekannt wären", sagte DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach.

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