Anton Giger: "Bin nicht nur gründlich, sondern auch ungeduldig"

Anton Giger wird erstmals in seinem Leben den Weltcup-Auftakt in Sölden verpassen. Seit Tagen schlägt sich der Sportchef des ÖSV schon mit einer hartnäckigen Verkühlung herum. „Ich habe schon geglaubt, ich hab’ das Coronavirus erwischt, weil ich solche Schmerzen im Brustraum hatte.“
Diese Angst sollte sich allerdings nicht bewahrheiten. Trotzdem verzichtet er vorsorglich auf die Reise ins Ötztal. „Das wäre in der aktuellen Situation nicht gescheit.“
Für ein Interview mit dem KURIER nahm sich der Sportchef allerdings Zeit. Anton Giger über ...
... die Bewältigung der Corona-Krise „Es war und ist für alle eine extreme Herausforderung. Wir hatten sicher den Vorteil, dass unser Präsident über seine Krebsforschung sehr gut vernetzt ist und wir dadurch einen guten Zugang zu Informationen hatten. Mit Professor Günter Weiss und Wolfgang Schobersberger hatten wir auch Top-Mediziner an unserer Seite, auch der Kontakt zum Sportministerium ist sehr eng. Deswegen konnten wir im Frühjahr auch schon sehr früh trainieren. International hatten wir da sicher die Nase vorne. Das Training ist super gelaufen, nur ist das noch lange kein Garant für Erfolg.“

ÖSV-Urgestein: Anton Giger fehlt erstmals in Sölden.
... Corona-Fälle beim ÖSV „Wir haben aufgerufen, dass sich alle Athleten melden, die im letzten Winter krank waren, Symptome hatten oder der Meinung sind, dass sie Corona hatten. Circa 100 Leute haben einen Antikörpertest gemacht, am Ende gab es bei uns nur zwei Fälle: einen Alpinen und einen Skicrosser.“
... seine Einschätzungen für die neue Saison „Unser Problem ist nach wie vor der Riesentorlauf. Das ist unsere Achillesferse. Wir haben im Frühjahr die Strategie ausgegeben, dass wir unbedingt den Riesentorlauf als Basis- und Kerndisziplin stärken wollen. Aber das dauert natürlich, bis das wirkt und greift. Ich bekomme die Videos unserer Trainingsfahrten, und mit dem, was ich da technisch sehe, bin ich zufriedener als letztes Jahr. Aber leider fehlen unseren Läufern noch zwei wichtige Sachen: Wir haben hohe Startnummern, und es fehlt die Konstanz. Wenn ich mir sechs Läufe von einem Athleten anschaue, dann sind drei dabei, die mir sehr gut gefallen, zwei eher medium, und einer, wo ich mir denke: Ui, das ist jetzt wieder ein Rückfall in alte Muster.“
... die prestigeträchtige Nationenwertung „Wir hatten erst am Dienstag unsere Alpinsitzung. Der Präsident hat sich extra per Video zuschalten lassen und klipp und klar gesagt, dass er sich den Sieg im Nationencup erwartet. Das war ehrlicherweise sogar das einzige Ziel, das er ausgegeben hat. Wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht nur gründlich bin, sondern auch ungeduldig. Unser Präsident ist da ähnlich gestrickt.“
... die internationale Konkurrenz „Es wird nicht leicht, den Nationencup zu holen. Die Schweizer haben bei den Herren eine enorme Dichte und fünf Leute, die fett Punkte machen. Wir haben momentan drei, Matthias Mayer, Vincent Kriechmayr und Marco Schwarz. Es wird davon abhängen, welchen Schritt vorwärts unsere 150-bis-200-Punkte-Fahrer heuer machen. Ich denke da an Michael Matt, Roland Leitinger, Manuel Feller, Max Franz oder Daniel Danklmaier.
... die Heim-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm „Das war ein wichtiges Zeichen, vor allem in dieser eindrucksvollen Art und Weise. Mit dem Votum von 12:1:1 Stimmen haben die internationalen Skinationen auch das Lebenswerk von Peter Schröcksnadel gewürdigt. Bei so einer Abstimmung zwölf Stimmen zu bekommen, ich hab’ wirklich eine Gänsehaut gekriegt. Weil es den Respekt aller Skinationen gegenüber dem Präsidenten ausdrückt.“
... die Mehrkosten durch Corona „Wir haben uns zwar Geld erspart, weil wir nicht zum Training nach Übersee gefahren sind. Aber die Kosten für die Corona-Maßnahmen (1,8 Millionen Euro; Anm.) sind bei Weitem höher.“
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