ÖSV-Skisprungstar Stefan Kraft: "Da sind bei mir die Tränen geflossen"
Nach dem ersten Saisonspringen streifte sich Stefan Kraft das Gelbe Trikot über. Die Führung im Gesamtweltcup gab er danach nicht mehr aus der Hand.
In Planica bekommt der 30-Jährige am Wochenende seine dritte große Kristallkugel überreicht. Hinter Stefan Kraft liegt eine Saison der Superlative. Mit 13 Weltcupsiegen, Gold bei der Skiflug-WM und einem neuen Weltrekord an Podestplätzen im Weltcup (118).
KURIER: Wie sehr sind Sie selbst von sich erstaunt?
Stefan Kraft: So eine Saison kannst du dir nicht einmal erträumen. Klar arbeitest du den ganzen Sommer intensiv, damit es dann im Winter vielleicht in diese Richtung gehen könnte. Aber dass es dann so aufgeht, auch noch mit dem Sieg bei der Skiflug-WM – das ist kitschig.
Karriere
Stefan Kraft (*13. Mai 1993) ist der erfolgreichste Skispringer der Gegenwart und schon jetzt einer der Besten in der Geschichte dieses Sports
Erfolge
Der Salzburger ist dreifacher Einzel-Weltmeister, drei Mal gewann er den Gesamtweltcup. Mit dem Team holte er Olympia-Gold. Kraft siegte bei der Tournee und ist Weltmeister im Skifliegen. Er hält aktuell bei 43 Weltcupsiegen
Weltrekord
253,5Meter segelte Kraft im März 2017 in Vikersund. Kein Mensch ist je weiter geflogen
Es hat von außen so einfach und souverän ausgesehen: War es tatsächlich so?
Es war bei Weitem nicht so selbstverständlich. Im Skispringen geht es ganz schnell, wenn du Fehler machst und nicht alles zusammenpasst. Auch ich habe zweimal den zweiten Durchgang verpasst. Und das hat mir jedes Mal aufs Neue gezeigt, wie sehr ich mich dahinterklemmen muss. Sobald du kleine Fehler machst, dann bist du irgendwo. Es gab schon Momente, in denen ich mir gedacht habe: Hoffentlich kippt es nicht in die andere Richtung. Zum Glück habe ich immer gleich wieder den Faden gefunden und zurückgeschlagen.
Warum waren Sie in diesem Winter so dominant?
Ich hatte einen richtig hervorragenden Sommer. Das ist für mich immer eine wichtige Basis, wenn ich ohne körperliche Probleme und Verletzungen durch die Sommervorbereitung komme. So gut beisammen war ich das letzte Mal vor vier, fünf Jahren, das zeigen auch meine Werte. Dazu kommt, dass wir auf die Materialveränderungen richtig gut reagiert haben. Das sieht man daran, dass unser ganzes Team extrem stark ist. Diese Saison war durch und durch bombastisch.
Wie ordnen Sie diese Saison in Ihrer Karriere ein?
Das war definitiv mein bester Winter, weil es eben von Anfang bis zum Schluss super gelaufen ist. In der Saison 2016/’17 ist mit dem Skiflug-Weltrekord und den beiden Goldmedaillen bei der WM auch alles aufgegangen, aber das heuer toppt alles. Vor allem mit dem Skiflug-WM-Titel am Kulm. Das war das emotionalste Ereignis in meiner Karriere. Da sind bei mir die Tränen geflossen.
Schön langsam gehen Ihnen die Ziele aus: Wie schaffen Sie es immer, die Motivation hochzuhalten?
Wenn ich so etwas wie letzten Sonntag in Vikersund erleben darf, mit einem Sieg und einem zweiten Platz hinter Daniel Huber, dann ist das Ansporn genug, alles zu unternehmen, um das immer wieder zu erleben. Wenn du zuerst so hinunterfliegst und dann die Hymne hören darfst – diese Gefühle sind einfach unbeschreiblich und die werden auch nie zur Routine. Danach wird man süchtig.
Ein Ziel wäre die Bestmarke von Gregor Schlierenzauer mit 53 Weltcupsiegen. Sie halten aktuell bei 43.
Reden wir bitte darüber, wenn ich 50 Weltcupsiege habe. Natürlich ist es ein spannendes Ziel, aber es wird nicht immer Saisonen wie heuer geben. Du kannst selbst super springen und dann gibt es einen Dominator und du wirst halt 14-mal Zweiter. Was den Schlierenzauer-Rekord betrifft: Es kann recht schnell gehen, es kann aber auch genauso gut sein, dass es nie passiert. Im Kopf habe ich die 53 Siege noch nicht.
Wie wird der heurige Sommer ausschauen? 2023 haben Sie eine sechswöchige Weltreise gemacht. Das hat offenbar nicht geschadet.
Ich habe gesehen, dass mir ein gewisser Abstand guttut und dass ich auf mein Gefühl vertrauen kann. In habe heute so viel Erfahrung, dass ich spüre, was ich brauche und was ich meinem Körper zumuten kann. Zu wissen, dass ich topfit sein kann, auch wenn ich im Sommer sechs Wochen unterwegs bin, ist eine wichtige Erkenntnis.
Sie waren früher immer sehr nervös. Hat sich das gelegt?
Nein. Mir kommt sogar vor, dass ich noch hippeliger bin als früher. Aber das gehört offenbar zu mir.
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