Kriechmayr nach dem Sieg auf der Streif: "Und auf einmal flutscht’s"

Der Österreicher Vincent Kriechmayr an der Hausbergkante
Der 31-Jährige präsentiert sich gerade in einer beneidenswerten Form und mit einer auffälligen Lockerheit.

Man stelle sich jetzt einmal vor, Vincent Kriechmayr wäre in seiner Karriere öfter so gelöst und aufgeräumt gewesen wie gerade in Kitzbühel. Er wäre heute wohl einer der allergrößten Abfahrer und hätte noch viel mehr Siege und Trophäen eingefahren. Und mit ziemlicher Sicherheit hätte er nicht 31 werden müssen, um endlich auf der Streif zu gewinnen und damit Legendenstatus zu erlangen. „Jetzt werde ich in einem Atemzug mit Matthias Mayer und den vielen anderen Legenden genannt“, sagte Vincent Kriechmayr, „für einen österreichischen Abfahrer ist Kitzbühel das wichtigste Rennen.“

Der Sieg auf der Streif hatte sich in den letzten Tagen bereits angekündigt. Selbst langjährige Wegbegleiter können sich nicht daran erinnern, Vincent Kriechmayr jemals so locker und lustig erlebt zu haben. Außer vielleicht bei seinem berühmten Interview als Doppelweltmeister in Cortina, als er sich mit einem „Damenspitz“ in das TV-Studio setzte und dermaßen sympathisch rüberkam, dass ihm keiner diesen Auftritt übel nehmen konnte.

Volle Entschlossenheit

Die Überzeugung und Zuversicht, die Vincent Kriechmayr in Kitzbühel ausstrahlte, war in keinster Weise aufgesetzt. Der 31-Jährige war sich seiner Sache ziemlich sicher, die zwei Saisonsiege bei den Abfahrten in Gröden und Bormio dürften ebenfalls dazu beigetragen haben, dass sich Vincent Kriechmayr ohne Rücksicht auf Verluste aus dem berühmtesten Starthaus im Weltcup stieß. „Ich habe mich richtig gut gefühlt“, sagte er nach seiner Siegesfahrt, „ich hatte die Entschlossenheit und habe das Herz in die Hand genommen.“

Unbändiger Ehrgeiz

Man kennt das von Vincent Kriechmayr auch anders. Seine größte Stärke war zugleich auch seine größte Schwäche: Dieser unbändige, manche behaupten sogar übertriebene Ehrgeiz.

FIS Alpine Skiing World Cup

Sein Hang zum Perfektionismus stand Vincent Kriechmayr häufig im Weg. Es gibt wohl keinen Läufer im Weltcup, der mit sich dermaßen streng ins Gericht geht. Noch vor wenigen Wochen beklagte sich der Doppelweltmeister: „Ich muss besser werden. Mir fehlt die Konstanz. Und ich habe immer wieder Rennen, in denen ich nicht ganz performe.“

Reine Kopfsache

Im Laufe dieses Winters dürfte Kriechmayr den Schalter im Kopf gefunden haben, mit dem sich die negativen Gedanken wegklicken lassen. Dass er ausgerechnet auf der ungeliebten Saslong-Piste im Grödnertal einen Abfahrtssieg einfahren konnte, hatte aus heutiger Sicht eine extrem befreiende Wirkung.

„Es geht ja alles nur von der Birne aus“, hat Vincent Kriechmayr erkannt. „Und wenn du den Flow hast und das Selbstvertrauen, dann funktioniert es auch. Und auf einmal flutscht’s.“

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