Kraft und Co.: Die ÖSV-Springer sind auf den Spuren der Superadler
Als Andreas Widhölzl zuletzt im Teamspringen in Lahti zwei seiner Olympiasieger aussortierte, erntete der ÖSV-Cheftrainer fragende Blicke. Wie könne er nur auf Manuel Fettner und Daniel Huber verzichten, die zehn Tage zuvor in Peking eine goldene Arbeit verrichtet hatten?
Antwort: Wer hat, der kann.
Das Fehlen von Fettner und Huber fiel nicht weiter ins Gewicht, Ulrich Wohlgenannt und Clemens Aigner sprangen für die Olympiasieger erfolgreich in die Bresche und holten sich den Sieg im Teamspringen.
Ersterer ist 27 und hatte bis zum Teambewerb in Lahti eine Top-20-Platzierung im Weltcup vorzuweisen. Aigner kratzt gar schon am 30er und wurde im vergangenen Sommer aus dem ÖSV-Kader gestrichen. "Das zeigt, wie breit wir im Skispringen jetzt wieder aufgestellt sind", frohlockt Mario Stecher, der Nordische Direktor beim Österreichischen Skiverband.
Tatsächlich hat das österreichische Skisprungteam einen enormen Leistungssprung vollzogen. Nachdem es im vergangenen Winter zu keinem Weltcupsieg gereicht hatte und Österreich den Nationencup nur auf Rang vier beendete, überzeugen die ÖSV-Athleten heuer durch ihre mannschaftliche Geschlossenheit. Dank Spätzünder Wohlgenannt, der am Sonntag in Lahti Vierter wurde, sind in diesem Weltcupwinter schon sieben Springer von Andreas Widhölzl in den Top fünf gelandet – selbst in der Ära der berühmten Superadler war das nur einmal gelungen (Saison 2009/’10).
Umkämpfte Startplätze
"Bei uns hat’s ja immer geheißen: Es gibt nur den Stefan Kraft und dann lange nichts", erinnert sich Mario Stecher, "jetzt haben wir fast das Luxusproblem, dass wir einige starke Springer im Weltcup gar nicht starten lassen können, weil wir zu wenige Startplätze haben."
Michael Hayböck etwa gewann am vergangenen Wochenende ein Kontinentalcup-Springen in Planica, im siebenköpfigen Aufgebot für die Raw Air, die heute mit dem Bewerb in Lillehammer startet (16 Uhr/live ORF1), war für den Routinier trotzdem kein Platz. Philipp Aschenwald, einer der sieben ÖSV-Adler, die in dieser Saison schon ein Top-5-Ergebnis vorweisen können, rutschte nur deshalb ins Team, weil Daniel Tschofenig (19) zur Junioren-WM in Zakopane abkommandiert wurde, um dort Medaillen einzufliegen.
Gold für Rettenegger
Dort gab es am Mittwoch bereits die erste Goldmedaille für Österreich. Der Pongauer Kombinierer Stefan Rettenegger wurde seiner Favoritenrolle gerecht und holte bereits seine vierte Medaille bei Junioren-Weltmeisterschaften. Dem 20-Jährigen wird ähnliches Potenzial bescheinigt wie Weltcupleader Johannes Lamparter.
2017 wurde die Raw Air als Gegenstück zur Vierschanzentournee ins Leben gerufen. Gesprungen wird normalerweise auf vier norwegischen Schanzen. Auch die Ergebnisse der Qualifikation zählen zur Gesamtwertung. Seit 2019 gibt es eine eigene Frauen-Raw-Air.
- Sieger
Stefan Kraft gewann die Premiere. Kamil Stoch (POL) siegte 2018 und 2020, im Jahr 2019 ging der Sieg an Ryoyu Kobayashi (JPN). Bei den Damen war Maren Lundby (NOR) 2019 und 2020 erfolgreich.
- Das ÖSV-Team
Stefan Kraft, Daniel Huber, Philipp Aschenwald, Manuel Fettner, Ulrich Wohlgenannt, Jan Hörl und Clemens Aigner.
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