Krieg als Spielverderber: In Moskau herrscht Sehnsucht nach der Reiteralm

Krieg als Spielverderber: In Moskau herrscht Sehnsucht nach der Reiteralm
Alexander Choroschilow hofft auf Training in Österreich und ein Comeback im Slalom-Weltcup. Nicht alle Russen werden vom Weltsport ausgeschlossen.

Er hat ein Jahrzehnt zur Weltelite gezählt, sich nie danebenbenommen, sogar Marcel Hirscher geschlagen. In diesem Winter fehlt er bei allen Slalom-Klassikern. Nicht weil der Schladming-Sieger 2015 verletzt, sondern weil Alexander Choroschilow (38) Russe ist.

Sollte ihn die FIS doch noch einmal starten lassen, wird man ihm die letzte Nummer umhängen. Womit ein Comeback ziemlich aussichtslos wäre.

Russische Unterschiede

Mitleid ist unangebracht. Doch die Frage darf erlaubt sein, wieso Choroschilows Landsmann Daniil Medwedew den Wiener Tennis GP gewinnen, wieso Anastasia Pawljutschenkowa kürzlich mit Dominic Thiem in Dubai im Mix-Doppel spielen, wieso Artem Karasew in Wien boxen durfte?

Offizielle Begründung: Weil ein Tennis- oder Boxprofi gleichsam als eigene Firma gilt und nur im Teambewerb (z. B. Daviscup) Teilnahmeverbot für Russland oder Belarus besteht.

Inoffizielle Version: Weil auch im West-Sport die Moral oft aufhört,wo das Geschäft beginnt.

Ungeachtet dessen wiederholt der Steirer Wolfgang Mitter, der seit elf Jahren Koordinator des russischen Skiverbandes in den Alpen ist, jene Worte vom KURIER-Interview, die ihm schon im Herbst ein dickes Minus in russischen diplomatischen Kreisen eintrugen: „Putins Angriffskrieg ist durch nichts zu rechtfertigen.“

Kontakt nach Österreich

Mitter hat nach wie vor mit Choroschilow Kontakt. Ja, er hofft, dass es ihm mithilfe eines Touristenvisums im Februar gelingt, dem Slalom-As dessen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen: Skifahren auf Choroschilows geliebter Reiteralm.

Choroschilow selbst, der unweit von Moskau mit seiner Familie lebt, redet vorsorglich wenig und trainiert viel. Er wird zu schätzen wissen, dass er als Sportpromi nicht zwangsrekrutiert, nicht an der Front zum Granatenfutter wird.

Spätestens bei Olympia (Sommer 2024 Paris, Winter 2026 Norditalien) sollte, nein darf, der Krieg kein Thema mehr sein.

Aber bei den Para-Olympics werden – so makaber es klingt – ukrainische und russische Behindertensportler noch Jahre in der Überzahl sein.

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