Hannes Reichelt: "Der Nervenkitzel treibt mich an"

Der Salzburger ist mit seinen 38 Jahren der älteste Starter im Super-G von Gröden.

Wenn einer wie Hannes Reichelt einmal über Schmerzen klagt, dann muss er wirklich Höllenqualen leiden. Der Mann ist bekanntlich hart im Nehmen, 2014 konnte den Salzburger nicht einmal ein akuter Bandscheibenvorfall davon abhalten, die Abfahrt von Kitzbühel zu gewinnen.

Als er sich heuer im Sommer aber beim Fußballspielen an der großen Zehe verletzte, hätte Hannes Reichelt vor Schmerzen schreien können. „Ich wollte mit dem Fuß in den Skischuh rein, aber das war ein Horror und einfach nicht zum Aushalten. Es hat so weh getan, dass mir die Tränen gekommen sind“, erzählt der 38-Jährige.

Die beleidigte Zehe hatte die Reise ins Sommertrainingscamp nach Südamerika verhindert. Im Nachhinein war Reichelt gar nicht unglücklich darüber, denn in dieser Zwangspause wurde ihm vor Augen geführt, was für einen tollen Job er da eigentlich hat. „In mir hat es extrem gewurlt, weil ich nicht bei den Kollegen in Südamerika sein konnte. Das hat mir gezeigt, wie gern ich das Skifahren noch mache.“

Der Dienstälteste

Mit seinen 38 Jahren ist der werdende Papa der älteste Starter im heutigen Super-G in Gröden (12 Uhr, live ORFeins). 2002 hatte Reichelt, der im gestrigen Abfahrtstraining mit zweieinhalb Sekunden Rückstand auf Max Franz 32. wurde, als No-Name im Super-G (2.) von Gröden seinen ersten Podestplatz eingefahren. Wie hat sich der Skisport seither verändert? Was bewegt ihn? Was stört ihn? Hannes Reichelt über ...

- sein Alter „Dass ich noch immer dabei bin, hängt auch mit der Pistenpräparierung zusammen. Früher war es oft brutal eisig und unruhig, aber heute fährt man auf harten Kunstschneepisten, die dem Körper besser tun. Meine Erfahrung hilft mir bei der Pistenbesichtigung, dafür tu’ ich mich jedes Jahr noch schwerer, wenn ich von daheim wegfahren muss. Meine Frau Larissa sagt mir immer: ,Fahr’ so lange du Lust hast und konkurrenzfähig bist.’“

- seinen Antrieb„Es ist ganz eindeutig der Nervenkitzel, der mich antreibt. Wenn du dich überwinden musst und versuchst, dich an dein Limit heran zu tasten. Am Start denkst du dir ja immer wieder: ,Scheiße, warum tu’ ich das überhaupt.’ Aber wenn du dann den inneren Schweinehund überwunden hast, ist das schon eine Genugtuung und große Befriedigung.“

- den weltweiten Stellenwert des Skisports „Als Skifahrer wirst du im Endeffekt nur im Alpenraum erkannt. Österreich, Schweiz, Norditalien, Süddeutschland. Sobald du Richtung Nürnberg fährst, weiß keiner, wer du bist. In Kanada und den USA ist es ähnlich. Andererseits glaube ich, dass man einen Dominic Thiem auch nicht überall auf der Welt kennt.“

- Verbesserungsmöglichkeiten „Ich finde, dass eine Sportart, in der viel Geld verdient werden kann, die Leute mehr interessiert. Wenn zum Beispiel eine Million Euro ausgefahren wird, dann schauen mehr zu. Im Endeffekt ist sogar in Kitzbühel das Preisgeld zu wenig. Nämlich für das Risiko, das wir dort eingehen und wenn man weiß, was dort teilweise für Summen rund um das Rennen im Spiel sind. Die 70.000 Euro für den Sieger sind ein Witz. Deshalb haust du dich in Kitzbühel sicher nicht aus dem Starthaus, sondern wegen den 50.000 Leuten, die im Ziel warten. Das Gefühl, wenn du in Kitzbühel ins Ziel fährst, ist unbeschreiblich.“

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