Die Streif als Alterssitz: Die Routiniers geben den Ton an

Die Streif als Alterssitz: Die Routiniers geben den Ton an
Erfahrung punktet auf der berühmtesten Abfahrt der Welt. Warum Vincent Kriechmayr am Freitag dennoch einen Aufstand der Jungen fürchtet.

Ein 37-Jähriger (Christof Innerhofer) vor einem 40-Jährigen (Johan Clarey) – im Abschlusstraining auf der Streif bewahrheitete sich ein ungeschriebenes Hahnenkamm-Gesetz: Wer bei der berühmtesten Abfahrt der Welt die Konkurrenz alt aussehen lassen will, der sollte etwas in die Jahre gekommen sein.

Auf keiner Abfahrt ist der Erfahrungsschatz so wertvoll und gefragt wie in Kitzbühel, wo traditionell die Routiniers ihre Rüstigkeit unter Beweis stellen: Stephan Eberharter war schon knapp 33, als er 2002 das erste Mal auf der Streif gewann; Didier Cuche, mit fünf Erfolgen der Rekordsieger, zählte bei seinem allerletzten Triumph 2012 bereits 37 Jahre; und sein Schweizer Landsmann Beat Feuz musste fast 34 werden, ehe er 2021 endlich die berühmte goldene Gams überreicht bekam.

FIS Alpine Skiing World Cup in Kitzbuehel

Beat Feuz und die Gams

Halbe Sache

Und so war es auch kein Zufall, dass im Donnerstag-Training der Drittälteste im Teilnehmerfeld vor dem dienstältesten Abfahrer die Bestzeit markierte. Dabei mussten die Oldies gar nicht ihr ganzes Repertoire ausspielen, da der Start wegen der schlechten Sicht nach unten verlegt worden war und die Mausefalle und der Steilhang nicht befahren werden mussten.

Angesichts der schlechten Wetterprognosen droht die legendäre Abfahrt am Freitag und am Sonntag (jeweils 11.30 Uhr) wie im Training eine halbe Sache zu werden. „Es wäre schade, wenn Mausefalle und Steilhang wegfallen, weil das Passagen sind, die zur Streif gehören“, sagte Matthias Mayer, der am Donnerstag mit der sechstschnellsten Zeit gestoppt wurde, allerdings an einem Tor vorbeifuhr. Auch der letzte österreichische Abfahrtssieger in Kitzbühel (2020) kratzte bei seinem Erfolg am 30er.

ÖSV-Teamkollege Vincent Kriechmayr glaubt, dass den jungen Wilden die große Stunde schlagen kann, sollte der Start tatsächlich nach unten verlegt werden. „Weil dann fallen Mausefalle, U-Hakerl und Steilhang weg. Und das sind fast die schwierigsten Passagen, die wir im Weltcup haben“, sagt der Doppelweltmeister und prophezeit: „Wenn wir wie im Training von der alten Schneise starten, dann wird das ein Gemetzel und der Kreis der Favoriten ungleich größer.“

Der Oberösterreicher blickte nach dem neunten Rang am Donnerstag schon viel zufriedener auf die Ergebnisliste, nachdem er am Mittwoch (+5,23) noch ähnlich viel Rückstand aufgerissen hatte wie Vorläufer Marcel Hirscher, der sich auch im zweiten Training wieder versuchte und knapp drei Sekunden langsamer war als Christof Innerhofer.

Es wäre keine große Überraschung, sollte Kriechmayr, der im Vorjahr in Kitzbühel den Super-G gewonnen hatte, endlich auch einmal die berühmteste Abfahrt der Welt gewinnen. Er ist jetzt im besten Alter dazu, seit Oktober gehört Kriechmayr dem 30er-Klub an.

2. Abfahrtstraining (auf verkürzter Strecke)

1. Innerhofer (ITA) 1:10,45, 2. Clarey (FRA) +0,16, 3.   Hintermann (SUI) +1,05,  6.  Mayer  +1,17 (Torfehler),  7.  Franz   +1,21,  
9. Kriechmayr  +1,22,  11.  Striedinger   +1,29, 14.   Danklmaier   +1,39,  16.   Walder   +1,40,  19.   Hemetsberger   +1,47,  26.  Babinsky   +1,74,  35.  Rieser
(alle AUT) +2,13

Programm

Freitag, 11.30: 1. Abfahrt
Samstag, 10.15/13.45: Slalom
Sonntag, 13.30:  2. Abfahrt

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