Warum Österreichs Schwimm-Stars nicht in Geld baden
Während in anderen Ländern lebenslange Pensionen für Top-Schwimmer ausbezahlt werden, sind sie hierzulande auf Unterstützung oder Nebenjobs angewiesen.
18.08.22, 08:55
Besonders zufrieden kann David Popovici von der EM in seine Heimat nach Rumänien zurück reisen. Mit einem Europarekord (5.000 Euro), einem Weltrekord (10.000 Euro) und zwei Goldmedaillen (je 2.500 Euro) hat er sein Konto aufgebessert. Hätte er den Weltrekord schon im Juni bei der WM in Budapest gebrochen, wären es allein dafür 50.000 Euro Prämie gewesen.
Es sind diese absolut herausragenden Leistungen, die für Schwimmer wirklich lukrativ sind. Man denke an Michael Phelps und seine acht Goldmedaillen bei den Spielen in Peking 2008, die ihm von seinem Sponsor gar eine Prämie von einer Million Dollar eingebracht haben.
Schwimmer und Schwimmerinnen, die nicht konstant Gold gewinnen oder Weltrekorde brechen, müssen auf andere Einnahme- und Unterstützungsquellen zurückgreifen.
„Ohne meine Eltern würde es nicht gehen“, sagt Kraulspezialistin Lena Opatril. Sie macht nebenbei die Ausbildung zur Volksschullehrerin. „Sollte es irgendwann aus sein, habe ich etwas anderes auch noch.“
Lebenslange Pension
„In anderen Ländern ist Schwimmen ein Nationalsport, wo du längerfristig Geld kriegst“, sagt OSV-Athlet Christopher Rothbauer und erwähnt Ungarn: „Das ist eine andere Mentalität – die wollen Olympiasieger.“ Für eine Goldmedaille erhalten ungarische Athleten das monatliche Durchschnittseinkommen (knapp 900 Euro netto) lebenslang als Pension ausbezahlt. Für Silber und Bronze einen Anteil davon. Dafür trainiere jeder in Ungarn, die 13 Medaillen bei der EM sprechen für sich.
„In Österreich hast du als Schwimmer nur dann ein monatliches Einkommen, wenn du bei der Polizei, beim Heer oder beim Zoll bist“, sagt der 24-Jährige, der sich in der Polizeiausbildung befindet, seine spätere Zukunft bei der WEGA sieht. 14-mal pro Jahr erhält er dann 1.400 Euro, kann sich fürs Training langfristig karenzieren lassen. Macht er zusätzlich Dienste, etwa in den Weihnachtsfeiern, gibt es zusätzlich Geld.
Keine Zukunft
Auch Lena Kreundl ist bei der Polizei. Sie arbeitet drei Monate im Jahr, die restlichen neun Monate kann sie sich aufs Training konzentrieren. „Das ist überschaubar und eine gute Abwechslung auch für den Kopf“, sagt sie. Schwimmen sei ihre Leidenschaft, „ich könnte mir aber durch den Sport nie etwas aufbauen, von dem ich nachher leben kann“. Es sei “angenehm”, einen fertigen Beruf zu haben, “und jederzeit da einsteigen zu können”.
Vier Mitglieder des österreichischen EM-Schwimmteams (Auböck, Reitshammer, Grabowski und Gigler) sowie die Synchronwimmerinnen Eirini-Marina, Anna-Maria und Vasiliki Alexandri werden derzeit von der Sporthilfe unterstützt. Sportler und Sportlerinnen werden dabei nach ihren Leistungen der Vorsaison in Kategorien (Gold, Silber, Bronze) eingeteilt.
Wobei nicht immer berücksichtigt wird, dass es in verschiedenen Sportarten oder Disziplinen schwieriger ist, internationale Top-Plätze zu erreichen. Dafür gibt es 1.000, 400 bzw. 200 Euro monatlich als Unterstützung. Ist man nebenbei beim Polizei- oder Heeressport, wird die Förderung der Sporthilfe gekürzt.
Boni für Leistungen und Posts
Dass sie für eine EM-Bronzemedaille in der Staffel insgesamt 2.500 Euro erhalten, wussten Bernhard Reitshammer, Simon Bucher, Valentin Bayer und Heiko Gigler vor dem Finale der 4 x 100 Lagen in Rom gar nicht so genau. Brauchen können sie das Geld allemal. Die Einzel-Bronzene von Felix Auböck ist 1.000 Euro wert.
Auböck als bester OSV-Athlet darf zudem mit einer nicht näher genannten regelmäßigen finanziellen Unterstützung vom österreichischen Schwimmverband rechnen.
Sponsoren, die für regelmäßiges Einkommen sorgen, sind für Schwimmer, die nicht ganz vorne mitschwimmen eine absolute Seltenheit. Schwierig ist es auch deshalb, weil man auf der Badehaube bei Großveranstaltungen kein eigenen Sponsor tragen darf. Ab und zu gibt es ein kleines Taschengeld, wenn man auf Social Media ein Produkt bewirbt, erzählt Rothbauer. Von Gemeinde und Land erhält der Niederösterreicher einen kleinen Beitrag, von dem er sich etwa Trainingslager finanzieren kann, wo er sich an den Kosten des OSV beteiligen muss.
Fußball statt Schwimmen
Denn auch beim Verband sind die Mittel begrenzt. Aus dem Fördertopf der Republik erhält der OSV 1,2 Millionen Euro bis 2024. „Natürlich könnte es mehr sein“, sagt OSV-Präsident Arno Pajek, der aber auch die fehlende Medienpräsenz kritisiert: „Als Lena Grabowski im Vorjahr in Budapest als Vorlauf-Erste über 200 Rücken ins Finale eingezogen ist, wurde auf ORF Sport+ plötzlich auf Fußball, zweite Liga, umgeschaltet. Schwimmen war nur noch in der TVThek zu sehen”, ärgert er sich.
Wirklich Sorgen macht ihm aber vor allem die fehlende Schwimm-Infrastruktur in Österreich. Es fehlen mindestens ein bis zwei 50-m-Becken in der Halle. Mit ein Grund, warum Top-Schwimmer wie Felix Auböck im Ausland studieren.
Hoffnung über private Liga
„Es ist immer noch Sport, ich mache ihn extrem gern. Aber im Endeffekt geht es darum, ob man sich das Leben damit leisten kann oder nicht”, sagt Rothbauer. „Andere gehen ins Büro. Ich wollte immer, dass Schwimmen meine Arbeit ist.” Rothbauer hat seine Chance dafür in der ISL gesehen. Die private Schwimmliga, 2019 vom ukrainischen Milliardär Konstantin Grigorischin gegründet, ermöglichte es Schwimmern mit Gehältern und Prämien, als Profis arbeiten zu können.
Wegen der im Zuge des Ukraine-Kriegs eingefrorenen Konten Grigorischins konnte die Liga Gehälter nicht bezahlen und wurde eingestellt. Von 24.000 Euro, die Rothbauer über ein halbes Jahr eingeschwommen hätte, wurden erst 4.000 ausbezahlt.
Ob die Liga zurückkommt, ist ungewiss, doch sie hat nach kurzem Streit zumindest den Weltverband wachgerüttelt, der die Preisgelder künftig erhöht.
(kurier.at, kks)
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