Turmspringer Anton Knoll: Mit dem Kopf durch eine Wand aus Wasser

Mit geschlossenen Augen steht Anton Knoll am Beckenrand. Nein, er denkt gerade nicht ans Angeln mit seinem Bruder, das Segeln oder sein nächstes Gemälde. Anton Knoll denkt nur an den nächsten Sprung – vom Zehn-Meter-Turm bei der Weltmeisterschaft in Budapest. Im Gegensatz zu seiner abstrakten Malerei ist die Bewegung in seinem Kopf klar und immer wieder die gleiche: viereinhalb vorwärts gehockt. Das ist das Ziel für die nächsten Minuten.
„Ich hab’ mir das einmal überlegt, ob ich ein Vorbild haben soll, aber dann dachte ich mir nein, ich hab’ keines. Weil ich später einmal besser sein möchte als mein Vorbild“, sagt der 17-Jährige, bei dem das jugendliche Alter nicht zu den großen Worten und Taten zu passen scheint.
Zeitvertreib
Eine Playstation oder andere Ablenkungen während der Wettkämpfe braucht er nicht. „Ich bin mit Dariush Lotfi im Zimmer, der ist für mich Ablenkung genug“, sagt Knoll und muss lachen.
„Wir erinnern uns gegenseitig immer wieder daran, die Bewerbe zu genießen und Spaß zu haben.“ Bei seiner ersten WM überraschten Knoll vor allem die Athleten und die Normalität dort. „Das, was ich hier erlebe, hab’ ich schon oft im Fernsehen gesehen. Wenn man selbst da ist, merkt man aber, dass alle gleich sind, selbst die Olympiasieger sind nur normale Menschen und kochen mit demselben Wasser.“
Als Kind war Anton Knoll „sehr quirlig“ und „turnerisch begabt“. Seine Mama, die nichts mit Turmspringen am Hut hatte, fragte ihren Sohn, ob er nicht Lust hätte, das zu probieren. Sie hatte es irgendwie schon im Gefühl.
„Ich hab’ keine Ahnung, wie sie auf diese Idee gekommen ist, aber es war eine gute Idee. Mit drei Jahren bin ich überall raufgeklettert, hab’ Faxen gemacht und im Bett meiner Eltern Saltos geschlagen.“ Heute ist der Zehn-Meter-Turm seine Hauptdisziplin.
Knieschlottern
Nach Tausenden Sprüngen „hab’ ich noch immer Angst, wenn ich auf dem Turm stehe“, sagt der Wiener. Das ist aber ganz normal und „Teil von dem, was wir machen. Bei unserem Sport wird man gezwungen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.“

Wenn der 17-Jährige an der Kante des Turms steht, muss er „mit der Angst umgehen, mir selbst vertrauen und mich konzentrieren“. Schlimmstenfalls verliert er während der vielen Saltos die Orientierung, „aber das ist mir zum Glück noch nie passiert“. Und wenn er einmal richtig müde ist und keine Motivation hat? „Dann muss ich mich wieder daran erinnern, warum ich das mache und was mein Ziel ist. Müdigkeit ist nur ein Gefühl, das vergeht. An schlechten Tagen muss ich buchstäblich mit dem Kopf durch die Wand springen."
Perfektion ist sein Ziel – in einem Sport, der extrem aufregend und technisch ist. “Wenn man sich selbst erst einmal dazu bringt, vom Zehn-Meter-Turm zu springen, kommen einem die anderen Dinge im Leben nicht mehr so unheimlich vor.“
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