Nach Wimbledon-Triumph: Warum Tschechien eine Tennis-Weltmacht ist
Man kann nicht sagen, dass es keine Bewegung im Frauen-Tennis gibt. Auch wenn Iga Swiatek Paris beherrscht und bei den anderen Grand Slams auch des Öfteren dieselben Siegerinnen auftauchen, in Wimbledon tut sich wirklich was. In den vergangenen acht Jahren gab es acht verschiedene Siegergesichter.
Aktuell gehört das der 28-jährigen Barbora Krejcikova, die am Samstag im Endspiel die Italienerin Jasmine Paolini 6:2, 2:6 ,6:4 schlug und damit ihren zweiten Major-Titel seit den French Open 2021 holte. Als Lohn kehrt die ehemalige Nummer zwei der Welt als Zehnte am Montag wieder in die Top Ten der WTA-Weltrangliste zurück.
Geht es nach der Nationalität, so kommt der Titel nicht überraschend, im Vorjahr hatte mit Marketa Vondrousova ebenfalls eine Landsfrau triumphiert. Und in Paris spielte sich im Vorjahr Karolina Muchova bis ins Endspiel.
Acht Top-100-Frauen
Tschechien, ein gesegnetes Tennisland. Ein Land, das einst Größen wie Martina Navratilova, Ivan Lendl oder zuvor Jan Kodes auf den Tennismarkt warf, die reihenweise große Turniere gewannen. Während sich bei den Männern nach einer kleinen Krise die Situation gerade verbessert, gehören die Frauen im Nachbarland weiter zu den Topnationen. Acht Tschechinnen bereichern die Top 100, die jüngste von ihnen ist gerade 17 geworden. Linda Frühvirtova wird eine große Zukunft prophezeit. Nicht nur ihr. „Die Tschechen haben in allen Ranglisten mit Abstand die meisten Burschen und Mädchen“, sagt Thomas Hammerl, Geschäftsführer von Tennis Europe, unter anderem Ausrichter der Nachwuchsturniere.
Vor allem bei den Frauen wird der von Superstars wie Martina Navratilova, Hanna Mandlikova oder der verstorbenen Jana Novotna eingeschlagene Weg konsequent fortgesetzt. „Dort stehen mehr Gelder als in anderen Ländern zur Verfügung, und es werden Jugendliche in Klubs und Jugendturnieren mehr gefördert“, sagt Hammerl.
Krejcikova träumte stets von diesem Einzel-Titel, nachdem sie mit ihrer Freundin Katerina Siniakova, der heuer an der Seite der Amerikanerin Taylor Townsend triumphierte, bereits zwei Mal im Doppelbewerb von Wimbledon erfolgreich war. „Aber das“, sagt Krejcikova, „war nun bestimmt der schönste Tag in meinem Leben. Jeden Grand Slam zu gewinnen, ist großartig. Aber hier in Wimbledon zu gewinnen, ist riesig für mich.“
Idol und Mentorin
Andere Träume sind traurigerer Natur. Als Jana Novotna 2017 mit nur 49 Jahren an Krebs starb, brach für Krejcikova eine Welt zusammen. „Ich träume sehr oft von ihr und wir reden im Traum miteinander.“ Als sie 18 Jahre alt war, habe sie einen Brief an die frühere tschechische Wimbledon-Siegerin geschrieben und sie um Rat und Hilfe gebeten, erzählt Krejcikova. 2014 begann dann die Zusammenarbeit zwischen ihr und der Wimbledon-Siegerin von 1998. „Ich glaube, sie wäre stolz. Ich glaube, sie wäre wirklich begeistert, dass ich auf der gleichen Tafel bin wie sie, denn Wimbledon war für sie etwas ganz Besonderes“, sagte Krejcikova bei der Siegerehrung am Samstag. Kurz davor war sie in Tränen ausgebrochen, als sie ihren Namen auf der Siegerinnen-Liste gemeinsam mit jenem von Novotna gesehen hatte.„Seit sie gewonnen hat, sehe ich Wimbledon als das größte Turnier der Welt an.“
Bald darauf beherrschte wieder die Freude ihr Gemütsleben. „Es fühlt so gut an“, sagte Krejcikova und riss bei der Pressekonferenz noch einmal die Arme nach oben.
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