"Thiems Karriere-Ende ein bisserl früh": Hat Legende Thomas Muster recht?

Thomas Muster war 1996 die Nummer 1 der Welt
Am Rande der Ausstellung „Official Tennis Experience“ in der Wiener Stadthalle sprach der 57-jährige Steirer auch über seinen Nachfolger in der Weltspitze. Seine Ausführungen sind nur teilweise richtig.

Thomas Muster ist nicht nur beim Turnier selbst allgegenwärtig, wo er bei den Erste Bank Open (Hauptbewerb ab 21. Oktober) den Turnierbotschafter gibt. Der Steirer hat viele Exponate einer Ausstellung zur Verfügung gestellt, die seit Mittwoch in der Wiener Stadthalle präsentiert werden und bald einem guten Zweck zugefügt werden. Dazu gibt es viele Geschichten und Bilder, auch von Dominic Thiem, der 2019 in Wien gewinnen konnte und heuer seinen großen Abschied gibt. 

Und über Thiem sprach der 57-Jährige. Sowohl Musters als auch Thiems Karriereende kam mit 31, auch wenn der Steirer es dann über zehn Jahre später nochmals versucht hat. "Für mich ist es ein bisserl früh“, meinte Muster zu Thiems Entscheidung. "Ich kann das Handgelenk nicht beurteilen, ich bin kein Arzt, ich kann mich nicht in seine Gefühlswelt hineindenken. Ich weiß nur, dass man in dem Alter ein bisserl anders zu denken anfängt, was das eigene Leben betrifft. Bei mir ist es aus Schmerzgründen nicht mehr gegangen. Das war relativ spontan. Bei ihm war es doch ein Prozess. Für mich ist es trotzdem sehr früh, wenn ich mir Wawrinka oder andere Spieler anschaue. Ich wünsche ihm alles Gute und auch, dass er in zehn Jahren zu seiner Entscheidung auch noch steht."

Kam Thiems Ende tatsächlich zu früh? Vielleicht, wenn man bedenkt, dass eben Stan Wawrinka oder auch Marin Cilic in noch reiferen Jahren auf dem Court stehen, allesamt auch nach Verletzungen. Andererseits musste auch Del Potro seine Karriere wegen anhaltender Handgelenksproblemen beenden. 

Doch ein intelligenter Spieler wie Thiem erkennt genau, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Im Gegensatz zu anderen, die mit Mitte 30 mittlerweile nur noch auf der Challenger-Tour unterwegs sind (Marco Cecchinato, Thiems Halbfinalgegner von Paris 2018  beispielsweise), will er sich als Grand-Slam-Sieger nicht mehr abschießen lassen, das hat er sich gar nicht verdient.  Thiem sagt selbst, dass ihm das Gefühl fehlt. 

Die Hintergründe liegen auf der Hand: Thiem hat sich nach seinem Comeback im März 2022 eine Schonhaltung angewöhnt. Nach schwierigen Zeiten lief es eine Zeit lang sogar wieder recht gut, wie im zweiten Halbjahr 2023. Doch die Schonhaltung griff immer mehr durch, mit dem Ergebnis, dass Thiem 2024 kaum  mehr auf Touren kam. Diese wieder umzustellen, würde ebenfalls wieder Jahre dauern. Der US-Open-Champ von 2020 müsste diese Haltung wieder rausbekommen und versuchen, wieder das alte Gefühl zu bekommen. Dinge, die nicht innerhalb von Moanten gelingen können. Mag sein, dass auch seine Trainer nach dem Comeback, Nicolas Massu oder Ben Ebrahimzadeh hier nicht konsequent gearbeitet haben. 

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