Nicht nur, weil mit dem 25-jährigen Tommy Paul ein US-Mann im Halbfinale der Australian Open steht (und gegen Novak Djokovic ein kleines Sportwunder braucht. Und nicht nur, weil mit Sebastian Korda (22 Jahre) und Ben Shelton (20) zwei weitere Landsleute das Viertelfinale in Melbourne erreichten. 13 US-Spieler stehen in den Top 100 – und die große Mehrheit davon ab Montag in den Top 50.
Was aber noch mehr Raum für Träume bietet: Das Durchschnittsalter der Top-100-Leute beträgt 25,1 Jahre. Den einzigen Grund für die Wiedergeburt der ehemaligen Tennis-Großmacht gibt es nicht. Es ist ein Zusammenspiel aus vielen Faktoren:
Der US-Tennisverband (USTA) leistet große Arbeit. Nebst den erfolgreichen Profis kommt im Nachwuchs viel nach. „Die Amerikaner stellen bei der U 14 und U 16 Topmannschaften. Auch bei den Unter-18-Jährigen haben sie Spieler an der Spitze“, sagt Thomas Hammerl, Geschäftsführer des Europäischen Tennisverbandes und in dieser Funktion für die Turnierarbeit zuständig.
Nachwuchsspieler aus den USA habe es zwar immer einige gegeben, „aber seit fünf Jahren haben sie ein neues Ausbildungszentrum mit 100 Plätzen und allen Belägen in Florida. Das hat zum Aufwärtstrend beigetragen“, sagt Hammerl, der sich gerade beim größten Jugendturnier der Welt in den französischen Pyrenäen ein Bild von den Stärken des US-Nachwuchses macht. Namen wie Kristina und Annika Penickova oder Alexis Nguyen werde man sich merken müssen.
Die Arbeit in den Ausbildungszentren macht sich bezahlt. „Nicht in allen der 120 Colleges wird gute Arbeit geleistet, aber die meisten können Topspieler formen“, sagt Tennis-Experte Alexander Antonitsch. Nicht nur Amerikaner profitieren davon. Der Brite Cameron Norrie, Nummer zwölf der Welt, durchwanderte das College-Tennis in Fort Worth (Texas). Generell wird in den Colleges nicht nur gut ausgebildet. „Man arbeitet dort auch eng mit Turnieren zusammen, viele Junge bekommen Einladungen für kleinere Turniere“, sagt Antonitsch.
Viele Talente haben Topleute an ihrer Seite. „Da sind viele ehemalige Profis am Werk, die mit den Jungen mitreisen“, erklärt Antonitsch. Der ehemalige Topspieler und Federer-Trainer Paul Annacone ist beispielsweise verantwortlich für den Aufstieg von Taylor Fritz, als Nummer neun im ATP-Ranking bester US-Spieler.
Venus und vor allem Serena Williams haben gezeigt, wie es gehen kann. Zumindest die Frauen haben sich ein Beispiel daran genommen. Zwar gab es seit 20 Jahren mit Sloane Stephens (US Open 2017) und Sofia Kenin (Australian Open 2020) auch nur zwei US-Grand-Slam-Siegerinnen, die nicht Williams hießen, aber Jessica Pegula (28), Viertelfinalistin in Melbourne, gilt als künftiger Champion. Was die Zukunft betrifft, ist vor allem mit Cori Gauff zu rechnen. Die Nummer sechs der Welt ist erst 18 – und zeigte schon bei ihrem Premierentitel 2019 in Linz mit 15 Jahren, dass sie alle nötigen Anlagen mitbringt. Der nächste US-Titel bei einem Major-Turnier scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.
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