Sportstätten in Österreich: Denkmäler der verpassten Chancen

Sportstätten in Österreich: Denkmäler der verpassten Chancen
Die Qualität vieler Anlagen ist weit weg von Erstklassigkeit. Zuletzt haben peinliche Pannen für Schlagzeilen gesorgt. Die Politik ist sich der Problematik bewusst, doch die Zeit drängt.

Der letzte Aufschlag ist serviert, doch Sieger gibt es beim diesjährigen Tennisturnier in der Wiener Stadthalle mehr als nur einen. Veranstalter Herwig Straka durfte mit mehr als 70.000 Gästen einen neuen Besucherrekord vermelden. „Die Stimmung in der Stadthalle ist oft sensationell, immer speziell, fast einzigartig“, sagt der Grazer im Gespräch mit dem KURIER.

Die nahe zum Tenniscourt verlaufenden Tribünen sind nicht die einzige Besonderheit der Arena. „Wir müssen die Halle immer ordentlich verkleiden, damit sie den internationalen Anforderungen entspricht“, sagt Straka. Altehrwürdig – dieses Wort fällt oft im Zusammenhang mit der wichtigsten und größten Multifunktionsarena des Landes. Tatsächlich ist die Halle eher alt als ehrwürdig, bei ihrer Eröffnung 1958 war etwa Bundespräsident Alexander Van der Bellen noch Gymnasiast in Innsbruck.

So ist die Stadthalle vor allem zu einem Symbol geworden für den Zustand der österreichischen Sport- und Veranstaltungsstätten.

Kaum eine vergleichbare Stadt in Europa hat ähnlich schlechte Bedingungen für Großevents. Dabei sind es nicht nur autoritär geführte Staaten, die große Veranstaltungen als Opium für das Volk sehen und deshalb moderne Arenen errichten (siehe Grafik unten).

Sportstätten in Österreich: Denkmäler der verpassten Chancen

Eine zeitgemäße Optik ist das eine, zuletzt sorgten die rot-weiß-roten Sportstätten aber auch vermehrt mit technischen Pannen für Negativ-Schlagzeilen. Vor zwei Wochen zwang in der Eishockey-Arena der Vienna Capitals der Austritt von Ammoniak aus der Kühlanlage zu einer Notabschaltung samt Tauwetter auf den Eisflächen. Dass der Spielbetrieb nicht Monate ausfiel, ist vielmehr eine glückliche Fügung. Eine Kühlfirma wollte das notwendige, aber längst schwer zu bekommende Ersatzteil für die 29 (!) Jahre alte Anlage gerade woanders einbauen.

Unrühmliche Bekanntheit erlangte Österreich im Juni, als im Ernst-Happel-Stadion kurz nach Ende des Fußball-Länderspiels gegen Dänemark ein 40 Zentimeter tiefes Loch im Rasen entstand. Die bizarren Bilder gingen um die Welt.

Noch im Jahr 2008 wurde das heute 91-jährige Oval um 39,6 Millionen Euro für die EURO 2008 aufgeputzt, mit einer technisch modernen Arena für Großkonzerte oder Fußballspiele mit Zuschauerkomfort hat das größte Stadion des Landes aber wenig gemein.

Sportstätten in Österreich: Denkmäler der verpassten Chancen

Diskussionen über die Notwendigkeit eines modernen Nationalstadions sind alles andere als neu, verhallten aber nicht erst in Krisenzeiten. „Sport hat bei uns nicht den Stellenwert wie in anderen Ländern, das spiegelt sich natürlich auch bei den Sportstätten wider“, sagt Eventorganisator Straka.

Dabei stehen Österreichs Fußball-Bundesligisten gerade in den meisten Landeshauptstädten gar nicht so schlecht da. Die neueste Arena entsteht gerade in Linz, in Wien hat die Stadt Rapid und Austria bei deren Neu- bzw. Umbauten massiv unterstützt. Dass sich die beiden Traditionsklubs aufgrund ihrer Rivalität nicht ein Stadion teilen wollen, ist freilich eine ganz andere Geschichte.

Weit prekärer ist die Situation ohnehin bei den Randsportarten. Die Notlage erkannt hat zuletzt ausgerechnet die in diesem Punkt viel kritisierte Bundeshauptstadt. Mit dem Sportstättenplan „Sport.Wien.2030“ pumpt das Rathaus in den kommenden Jahren 150 Millionen Euro in den Um-, Aus- und Neubau von Anlagen. Ein Prestigeprojekt ist die multifunktionale Arena für Ballsportart, Leichtathletik, Turnen im Prater.

Wien denkt groß. Ab 2028

Ganz groß denkt man in Neu-Marx mit der „Wien-Holding-Arena“, deren Bau sich verzögert, die laut Plan nun ab 2028 die Stadthalle ersetzen soll. Die Multifunktionsarena soll dann zu den „Top-3-Eventlocations in Europa“ gehören, betont Straka, der als Teil der Bewertungskommission Expertise einbringt. Bis Jahresende läuft das Bieterverfahren für einen strategischen Partner, der sich am Bau, Betrieb und an der Finanzierung beteiligt. Straka: „Um so eine Arena zu bespielen und auszulasten, braucht es internationale Profis. Eine Arena ist kein Selbstläufer, nur weil sie modern ist.“

Große Ankündigungen über große Vorhaben sind jedoch nichts Neues. Bereits Bürgermeister Michael Häupl hatte den Wienern eine moderne Multifunktionsarena versprochen. Gedrängt wurde er dazu aufgrund der internationalen Berichte über das geschmolzene Eis bei der Eishockey-WM in der Wiener Stadthalle. Eine Peinlichkeit. Man schrieb das Jahr 2005.

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