Die Pferde bei Olympia sind doch perfekt ausgebildet.
Ja. Aber nach zwanzig Minuten weiß man gar nichts über ein Tier. Ein Profireiter lernt sein Pferd langsam, über die Jahre kennen, weiß, wie es denkt und fühlt. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Beziehung zum Tier. Bei diesen Olympischen Spielen scheint einiges schiefgelaufen zu sein. Die Pferde waren offensichtlich zu gut ausgebildet und konnten mit wenig erfahrenen Reitern nicht umgehen. Diese Pferde sind hochsensible Vollprofis.
Was hat dieses sogenannte olympische Pferdedrama eigentlich mit modernem Dressurreiten zu tun?
In erster Linie geht es hier um Springreiten und nicht um Dressur. Und wie bei allen Sportdisziplinen auf so hohem Niveau, muss man dafür jahrelang regelmäßig trainieren, um genügend Erfahrung zu haben.
Was unterscheidet die Arbeit, die Sie hier bei den Lipizzanern machen, vom Dressursport?
Die Hofreitschule ist die älteste Reitinstitution der Welt. Der Dressursport wurde daran angelehnt. Was bei uns dazukommt, sind "die Schulen über der Erde" – die Schulsprünge wie die Kapriole oder die Levade.
Manche meinen, ohne Zwang geht im Dressursport gar nichts.
Alles, was Sie bei uns sehen, ist davon übernommen worden, was uns Pferde in der freien Natur gezeigt haben. Wenn Sie über Koppeln spazieren, können Sie Pferde sehen, die sich auf die Hinterbeine stellen und aufeinander zuspringen, als würden sie zu tanzen beginnen. Was wir bei den Lipizzanern machen, ist eine Art Gymnastik, die einen bestimmten Muskelaufbau fördert, der diese Sprünge unterstützt.
Und das machen die Pferde ohne Gewalteinwirkungen? Sie verwenden doch Gerten?
Bei uns in der Hofreitschule ist das Tradition. Die Gerte gehört wie Handschuhe, Frack und Zweispitz zur Uniform. Im internationalen Dressursport sehen Sie keine Gerte. Gewalt bei einem Tier ist wie bei jeder Sportart sinnlos.
Sie werden wahrscheinlich ziemlich oft mit der Frage nach Gewalt im Pferdesport konfrontiert. Ärgert Sie das eigentlich?
Jein. Andererseits bin ich froh, dass es Menschen gibt, die genau hinschauen, denn es gibt überall schwarze Schafe. Wir müssen uns aber keine Sorgen machen, weder bei Dressurreitern noch in der Spanischen Hofreitschule. Es gibt enorm strenge Kontrollen bei internationalen Bewerben. Reiten geht nicht mit Druck. Man kann Pferde unterstützen, aber nicht zwingen.
Pferde haben auch schlechte Tage.
Ja, natürlich, und da ist dann das Wissen das Können des Ausbildners gefragt.
Sie bilden als Bereiter derzeit neun Pferde aus. Baut man da eine besondere Beziehung auf?
Natürlich. Es ist eine besondere Herausforderung. Weil jedes Pferd anders ist, wie der Mensch.
Haben Sie noch Kontakt zu Pferden, die in Pension gegangen sind?
Ja, immer, wenn wir im Gestüt Piber sind. Der älteste Lipizzaner der Welt, Neapolitano Nima, ist dort übrigens vor zwei Jahren mit über vierzig Jahren gestorben.
Lipizzaner reisen durch die ganze Welt, auch mit dem Flugzeug. Wenn das so sensible Tiere sind: Stresst sie das nicht?
Nein. Fliegen ist kein Problem für Pferde. Sie spüren nur den Start und die Landung.
Gehen Lipizzaner in Pension?
Ja, im Gestüt Piber. Wir schauen aber, dass wir sie so lange wie möglich bei uns behalten, damit sie den Jungen etwas beibringen.
Kommentare