Sport oder Tierquälerei: Ist Pferdesport noch zu vertreten?

Sport oder Tierquälerei: Ist Pferdesport noch zu vertreten?
Pferde, die aus der Nase bluten, den Antritt verweigern oder nach Verletzungen eingeschläfert werden müssen. Seit Olympia wird besonders der Moderne Fünfkampf kritisiert.
Florian Plavec

Florian Plavec

Silvana  Strieder

Silvana Strieder

Barbara Beer

Barbara Beer

Es war im Jahr 370 v. Chr. als der griechische Feldherr und Politiker Xenophon eine seiner wichtigsten Schriften verfasste: Die ethischen Leitlinien in "Über die Reitkunst" sind auch heute noch gültig. Pferd und Reiter sollen in Harmonie miteinander arbeiten, Gewalt lehnt er ab, das Tier wird immer als Individuum angesehen.

Fast zweieinhalb Jahrtausende später steht der Reitsport nach den Olympischen Spielen in Tokio in der Kritik. Grund dafür sind vor allem zwei Vorfälle: Zuerst verletzte sich das Pferd des Schweizer Reiters Robin Godel im Vielseitigkeitsbewerb. Noch am Parcours musste "Jet Set" eingeschläfert werden.

Wenige Tage später schockte ein Video nicht nur Tierschützer. Die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu hatte sich Chancen auf die Goldmedaille ausgerechnet, doch dann saß die Deutsche völlig überfordert und in Tränen aufgelöst auf dem ihr zugelosten Pferd. Könnten Pferde weinen, hätte wohl auch der Wallach „Saint Boy“ bitterlich geschluchzt. Es ist unklar, weshalb sein Widerwillen, die Hürden zu nehmen, so groß war. Klar war den Zuschauern nur, dass das Pferd so schnell wie möglich vom Schauplatz wegwollte. „Saint Boy“ verweigerte, Annika Schleu beendete den Bewerb als Letzte.

Der Situation nicht gewachsen waren Reiterin, Pferd aber auch Trainerin. "Hau mal richtig drauf! Hau drauf!", rief Bundestrainerin Kim Raisner ihrer Athletin zu – gut zu hören für ein Millionenpublikum in aller Welt. Die Empörung war groß, die Trainerin wurde von den Spielen ausgeschlossen, ihr und Schleu schlugen Anfeindungen in sozialen Medien entgegen. Auch über den Modernen Fünfkampf per se wird seither debattiert. Dabei müssen die Athleten schwimmen, fechten, laufen, Pistolenschießen und eben auch reiten – auf ihnen unbekannten Pferden, die ihnen zugelost werden.

Diese Disziplin sei grundsätzlich zu überdenken, sagen Experten. Fünfkämpferin Schleu sagt dazu im Interview mit der Wochenzeitung DieZeit: "Viele von uns Fünfkämpfern reiten sehr gern. Aber wir wissen alle, dass der Springwettkampf unsere Träume platzen lassen kann. Keiner von uns wünscht sich diese Art des dramatischen Spektakels." Gegen den Vorwurf, ihr Pferd im Wettkampf gequält zu haben, wehrt sich Schleu in dem Interview. Ungeachtet dessen hat der Deutsche Tierschutzbund am Freitag reagiert. Gegen Schleu und ihre Trainerin wurde Strafanzeige wegen Tierquälerei erstattet.

Ein Pro und Contra von Olympia-Reiterin Lea Siegl und Pferdesport-Expertin Lena Remich:

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