Wenn ein Radprofi ein Angebot vom Team UAE erhält, dann weiß er, was auf ihn zukommt und von ihm erwartet wird. In der Equipe aus den Arabischen Emiraten dreht sich alles um Tadej Pogačar, den Superstar und Seriensieger der vergangenen Jahre. Wer hier mitradeln will, der muss sich für den 25-jährigen Slowenen abstrampeln und seine eigenen Ansprüche hintanstellen.
„Mir war von Anfang an klar, dass ich in diesem Team Helferdienste für Tadej leisten muss. Deswegen bin ich auch geholt worden“, erklärt Felix Großschartner.
Der 30-jährige Oberösterreicher nimmt am Samstag in Venaria für das Team UAE den Giro d’Italia in Angriff und als Edelhelfer soll er dem Topfavoriten Pogačar in den nächsten drei Wochen so gut wie nie von der Seite weichen und so dem Teamkollegen zum ersten Sieg bei der Italien-Rundfahrt verhelfen.
Große Erfüllung
„Wasserträger“ werden Helfer wie Felix Großschartner gerne abfällig bezeichnet, unter den Fahrern selbst hat sich der Begriff „Edeldomestik“ etabliert. Das trifft es auch am Besten, denn tatsächlich ist Radsport ein Teamsport, auch wenn am Ende nur einer das Rosa Trikot tragen kann und die Lorbeeren einheimst.
„Viele Außenstehende verstehen das nicht und fragen sich, was wir tun. Man sieht halt immer nur den Sieger“, erzählt Großschartner. Der Welser hätte selbst sicher auch das Potenzial für eine Topplatzierung beim Giro, immerhin war er bei der Vuelta schon Neunter und Zehnter, aber er schuftet lieber für seinen Kapitän Tadej Pogačar.
„Vielleicht würde ich es in die Top 10 schaffen“, sinniert der erfahrene Österreicher. „Aber für jemanden zu fahren, der gewinnt, ist viel schöner. Mir taugt es, Teil einer erfolgreichen Mannschaft zu sein. Ich habe darin meine Erfüllung gefunden.“
Felix Großschartner hat für die Mission Giro-Gesamtsieg ein klares Aufgabenprofil erhalten. Als Bergspezialist soll er Tadej Pogačar über die steilen Anstiege und Passstraßen geleiten und dabei in vorderster Front dermaßen aufs Tempo drücken, dass die Konkurrenten abgeschüttelt werden.
Coole Aufgabe
„Ich ergreife am Berg die Initiative, damit die Leute wegfallen und am Ende nur mehr Tadej und vier, fünf andere übrig bleiben. Das ist eine coole Aufgabe und schaut nebenbei im TV auch gut aus“, sagt Felix Großschartner.
Den Rest erledigt dann für gewöhnlich Pogačar im Alleingang. So wie zuletzt beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich, den der Slowene nach einer Solofahrt über 35 Kilometer mit Riesenvorsprung gewann. „Er ist sicher vom Gesamtkonzept her der beste Radfahrer der Welt“, sagt Großschartner.
Mit seinen 25 Jahren hat Tadej Pogačar bereits zwei Mal die Tour de France gewonnen. „Aber er kann nicht nur Rundfahrten gewinnen, sondern er gewinnt auch die Eintagesrennen. Das kann kein anderer auf der Welt. Obwohl auf ihm so viel Druck lastet, schaut alles so spielerisch aus.“
Aber auch für den Superstar wird der Giro d’Italia kein Selbstläufer. Auf den 3.400,8 Kilometern von Venaria nach Rom lauern viele Gefahren und Risiken. Auch ein Tadej Pogačar ist vor einem Massensturz nicht gefeit, da kann ihn sein Edeldomestik Felix Großschartner noch so sehr beschützen.
Tour-de-France-Gewinner Jonas Vingegaard, Weltmeister Remco Evenepoel, Eintagesspezialist Wout van Aert – sie alle befinden sich nach heftigen Stürzen aktuell im Krankenstand. Auch Felix Großschartner hat festgestellt: „Es wird immer stressiger im Fahrerfeld, das Gedränge wird immer größer. Deshalb wird es wichtig sein, dass wir die Flachetappen gut überstehen und Tadej sicher ins Ziel bringen.“
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