Rad-Star Felix Gall hat seinen lästigen Begleiter abgeschüttelt
Bevor Felix Gall zum Radstar und Sportler des Jahres aufstieg, war er lange auf einem Tandem unterwegs. Es war natürlich kein richtiges Tandem, aber er hatte da einen lästigen Beifahrer, der ihn in einer Tour mit Zweifeln und Skepsis fütterte. „Ich habe mich vor jedem Rennen gefragt: Wird das was? Kann ich das? Bin ich gut genug?“, erzählt der Osttiroler.
Dieses fehlende Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten hatte sich irgendwann dermaßen verfestigt, dass Felix Gall sogar schon mit dem Gedanken gespielt hat, für immer vom Rennrad zu steigen. „Man fährt herum und hat das Gefühl, nichts ausrichten zu können. Natürlich stellt man sich da die Frage, inwiefern das Sinn macht.“
Wertvoller Triumph
Es hat die Tour de Suisse 2023 gebraucht, um das Tandem ins Eck zu stellen und den lästigen Begleiter abzuschütteln. Felix Gall gewann vor einem Jahr die Bergetappe nach Leukerbad und trug für einen Tag das Leadertrikot. „Die Tour de Suisse hat mir die Augen geöffnet, was denn alles möglich ist“, sagt der 26-Jährige. „Das war ein ganz großer Schritt, weil ich das erste Mal bei einem Rennen der World-Tour einen Sieg gefeiert habe.“
Wichtiges Aha-Erlebnis
Dieses Aha-Erlebnis ruft sich in Erinnerung, wenn Felix Gall in dieser Woche wieder bei der Schweiz-Rundfahrt im Einsatz ist. Seit damals ist es in der Karriere des Osttirolers nur mehr steil bergauf gegangen. Der überraschende Sieg bei der Königsetappe der Tour de France und Rang acht in der Gesamtwertung als Tour-Debütant haben Felix Gall mit einem Tritt in andere Sphären katapultiert.
Sein Decathlon AG2R La Mondiale Team hat ihn mit einem neuen lukrativen Vertrag ausgestattet, der Felix Gall jetzt deutlich mehr als eine Million Euro pro Saison einbringt und ihn zu einem der Topverdiener im Radsport macht. Rundfahrten wie jetzt die Tour de Suisse oder die Tour de France im Juli nimmt der Österreicher als Teamkapitän in Angriff.
Die Kollegen müssen sich für Gall abstrampeln, ihm den Rücken freihalten und im Idealfall wieder zu Etappensiegen und einer Topplatzierung im Gesamtklassement lotsen. „Ich gehe als Leader in die Tour, das gibt mir eine gewisse Ruhe und erlaubt mir Freiheiten. Es ist schön, dass ich das Vertrauen des Teams genieße“, sagt der Österreicher.
Wichtige Bestätigung
Die Tour de Suisse, die noch bis Sonntag andauert, ist mit ihrem anspruchsvollen Streckenprofil der ideale Härtetest für die Tour de France. Felix Gall war im Kalenderjahr 2024 nicht ganz so gut in Tritt wie erwünscht, nicht nur einmal wurde der Osttiroler durch einen Sturz gebremst.
Umso wichtiger war für ihn der neunte Platz bei der prestigeträchtigen Rundfahrt Paris – Nizza. „Ich weiß, dass ich die Leistungen aus dem letzten Jahr bestätigt habe“, sagt der 26-Jährige. „Und ich weiß, dass ich es drauf habe. Ohne dieses gute Ergebnis wäre es schwierig gewesen.“
Dann wären wieder erste Zweifel aufgekommen und Felix Gall wäre womöglich wieder auf dem Tandem unterwegs gewesen.
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