Schwimmstar Auböck: "Ich wusste, ich muss etwas verändern"

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Welt- und Europameister Felix Auböck über Entbehrungen im Sport, Trainingskosten, Sporthilfe und die Möglichkeit, vom Schwimmen zu leben.

Wenn die Eröffnung der Olympischen Spiele am Freitagabend in Paris über die Bühne geht, ist Felix Auböck längst im Wettkampfmodus. Denn Samstagvormittag geht es für ihn gleich ans Eingemachte. Über „seine“ 400 m Kraul, über die er sich kürzlich den Europameistertitel holte, gehört er zum breiten Favoritenkreis.

Der 27-Jährige ist längst ein Aushängeschild des österreichischen Schwimmverbandes. Neben seiner Schwimmkarriere hat der bescheidene Niederösterreicher an seiner schulischen und universitären Bildung gearbeitet und ist dafür zuerst nach Amerika und dann nach England gezogen. Zu seiner (sportlichen) Titelsammlung kam so auch der "Master of Science" hinzu. 

Um sich perfekt auf die Olympischen Spiele vorzubereiten, zog Auböck im Frühjahr aber wieder nach Österreich zurück. In der Südstadt machte er Fortschritte nach seinen Schulterproblemen bei der WM in Doha und wurde Ende Juni Europameister.

KURIER: Sie haben durchklingen lassen, dass diese Goldmedaille hart erarbeitet war. Nehmen Sie uns mit auf diese Reise!

Felix Auböck: Bei der Weltmeisterschaft im Februar in Doha habe ich nicht so abgeschnitten, wie ich sollte bzw. wollte. Als Achter über 400 m Freistil war ich deutlich über meiner Bestzeit. Ich wusste, wenn ich bei den Olympischen Spielen erfolgreich sein möchte oder wieder anknüpfen will, wo ich schon einmal war, muss ich etwas verändern. Mit Trainer Balasz Fehervari habe ich schon 2020 während der Corona-Lockdowns erfolgreich zusammengearbeitet und war mir sicher, mit ihm klappt das. Er hat ein gutes Auge für meine Schwachstellen und wie ich sie verbessern kann. Es war ein notwendiger Schritt, aber ein schwieriger. Der erste Wettkampf ging komplett in die Hose.

Wie hat es sich dann bei der Europameisterschaft in Belgrad Ende Juni angefühlt?

Die Nervosität war ganz schön groß. Es musste einfach klappen – mein letzter Test vor den Olympischen Spielen! Als es dann aufgegangen ist, war die Erleichterung schon sehr, sehr groß.

Sie hatten Probleme mit der Schulter. Haben Sie das im Griff?

Ja, die Schulter ist sehr gut verheilt. Schmerzen sind manchmal da, aber nicht so, dass es mich beim Training beeinträchtigt.

Und beim Wettkampf?

Da würde ich es sowieso nicht spüren (lacht).

Sie haben mehrmals Ihren Lebensmittelpunkt Ihrem Trainingsplan angepasst. Warum mussten Sie aus Österreich weggehen?

Für mich ist wichtig, dass auch ich als Person mich verändert habe. Als ich damals nach Amerika gegangen bin, war das für mich der richtige Schritt. Ich wollte mit den Besten auf der Welt zusammen trainieren. Ich wollte mit ihnen regelmäßig Wettkämpfe schwimmen, um wirklich zu verstehen, was ich machen muss, um dort oben anzukommen. Als ich nach der Erfahrung in den USA wusste, ich brauche wieder ein Training, das mehr auf mich abgestimmt ist, habe ich wieder den Schritt zurück nach Europa gewagt. Ich sehe es als Stärke an, dass ich immer bereit war, einen Schritt zu machen, der unangenehm ist, um mein Trainingsumfeld zu verändern. Was nicht immer ganz einfach ist, weil man auch Freunde zurücklässt.

Auch jetzt auf dem Weg zurück von England nach Österreich…

Jetzt war ich fast zehn Jahre im Ausland und bin als sportliche Person gereift, um zu wissen, was ich brauche.

Sie kennen die Trainingsbedingungen in den USA, in England, in Österreich. Was könnte sich Österreich abschauen?

Wir haben hier tolle Trainer und unglaublich engagierte Nachwuchscoaches. Aber die Grenzen sind früh gesetzt. Wie viele Schwimmhallen haben wir denn? Es gibt Regionen in Österreich, wo die nächste Halle mit Trainer mehr als zwei Stunden entfernt ist. Damit schließt man viele Kinder aus, die nicht zum Training kommen können. Das ist ein riesiger Unterschied zu Großbritannien. Da hat fast jedes Gymnasium eine Schwimmhalle mit bezahltem Trainer. Das heißt, sie haben einen viel größeren Pool an Schwimmern, aus dem sie dann schöpfen können, wenn es ans Eingemachte geht.

Das eine ist die Infrastruktur, das andere ist der Stellenwert von Sport und die Möglichkeit, vom Sport leben zu können.

Man muss vernünftig bleiben und wissen, dass man nicht wegen des Geldes beim Schwimmen ist. Aber natürlich muss das Geld dann auch reichen, dass man sich nicht verschuldet und dass man trotzdem das beste Training haben kann. Allein auf neuesten Stand zu bleiben beim Schwimmen – sei es durch Trainingslager, Technologie, Kameras etc. – kostet eine Menge Geld. Auch wenn in Österreich an der Spitze toll gearbeitet wird, sind wir da noch ein Stückweit weg.

Also Badehose und Schwimmbrille sind nicht die einzigen Investitionen, auch nicht im Nachwuchs?

Der Zug ist schon lange abgefahren. Ein Krafttrainer, ein Physiotherapeut, das muss nicht alles erst kommen, wenn man 19 oder 20 Jahre alt ist, wenn Probleme auftauchen. Wenn man mit 14, 15 schon einen Zugang zu einem Physiotherapeuten hat, kann man dafür sorgen, dass die Probleme gar nicht erst kommen.

Sport Talk mit Schwimmstar Felix Auböck und Sporthilfe Chef Gernot Uhlir

Sie sind Weltmeister, Europameister, gehören bei den Olympischen Spielen in Paris zum Favoritenkreis. Können Sie vom Schwimmen leben?

Ja, ich bin jetzt in einer Situation, in der mich das Schwimmen kein Geld kostet. Ich habe mit mit der Sporthilfe und der Spitzensportförderung wirklich eine tolle Unterstützung, sodass ich nicht auf die Kosten schauen muss, das beste Trainingslager machen kann. Ich bin bei den Olympischen Spielen und bin zu 100 Prozent vorbereitet. Das ist mental ganz wichtig, dass ich weiß, ich habe keine Kosten und Mühen gescheut, kann hier wirklich alles aus meinem Körper rausholen.

Klingt zufriedenstellend ...

Ich bin in einer tollen Situation, aber man muss dazu sagen, dass man in Österreich schon sehr gut sein muss, um da hineinzukommen.

Wie wichtig sind Sponsoren für Schwimmer und Schwimmerinnen?

Ich bin echt froh, dass ich zurzeit die Unterstützung habe, die ich bekomme. Ich hatte zwei Sponsoren aus der Privatwirtschaft, die jeweils nach einem Jahr abgesprungen sind. Ich war sehr dankbar, aber es ist nichts, mit dem man langfristig planen kann.

Heißt das, Schwimmer sind nicht attraktiv für Sponsoren?

Ja, wenn wir einmal im Jahr beim Schwimmwettkampf gesehen werden, dort aber kein Werbematerial auf Badehose oder Badehaube tragen dürfen, ist es schwer, für Sponsoren attraktiv zu sein.

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