Snoop Dogg: Vom Koks-Dealer zum olympischen Fackelträger
Philipp Wilhelmer
26.07.24, 10:00Er ist 1,93 Meter groß, schlaksig wie ein Teenager, hat Rastazöpfe, die ihm zum Hintern reichen und über 87 Millionen Follower auf Instagram. Recht ungewöhnlich für einen 52-Jährigen. Noch dazu einem, der seinen Durchbruch Anfang der 90er Jahre mit Gangsta-Rap und als Mitglied der berüchtigten Crips-Gang schaffte: Snoop Dogg.
Diesen Freitag wird der Entertainer in Paris auflaufen, um auf der letzten Strecke des olympischen Feuers als Fackelträger zu fungieren.
Warum er? Grob gesprochen: warum nicht? Snoop Dogg ist so populär wie noch nie. Und der Rapper ist längst weit mehr als ein Künstler: Er ist Multi-Entertainer mit Geschäftssinn. Seine Biografie erklärt nur unzureichend, wie es dazu kam.
Snoop Dogg sang eigentlich im Kirchenchor
Calvin Cordozar Broadus Jr. - so der bürgerliche Name Snoop Doogs - kam in der Stadt Long Beach in der Metropolregion Los Angeles zur Welt. 1971 geboren, wuchs er behütet unter der strengen Aufsicht seiner Mutter auf. Und: Er sang sogar im Kirchenchor.
Die Teenagerjahre im Armenviertel ließen auch ihn auf einen intensiveren Lebenswandel umsatteln. Er stieg in ein Geschäft ein, das viele Altersgenossen in den Ghettos amerikanischer Großstädte betrieben: Er handelte mit Drogen. Daneben trat er der berüchtigten und gewalttätigen Gang "Rolling 20s Crips" bei. Und: Snoop Dogg begann zu rappen.
Der Aufstieg kam mit Dr. Dre
Sein Debüt als Rapper gab er auf Dr. Dre’s „The Chronic“, einem Kultalbum der frühen 1990er Jahre. Sofort war Snoop Doggy Dogg, wie sein Künstlername damals noch hieß, zum Star. Sein Debütalbum „Doggystyle“ startete auf Platz eins der „Billboard 200-Charts“. Seine sonore Art zu rappen, seine softe Stimme und das aggressive Storytelling, das das junge Genre Gangsta-Rap prägte, brachte ihn in die Heavy Rotation auf MTV (was damals noch etwas über Erfolg und Misserfolg aussagte).
Das Leben als "Gangsta" brachten für Snoop Dogg entsprechende Probleme
Die Probleme folgten auf den Fuß: Der Eigner des Labels „Death Row Records“, Suge Knight, entpuppte sich als das, was er war: Ein krimineller Gewalttäter, der heute eine 28-jährige Gefängnisstrafe absitzt. Als auch noch Label-Kollege Tupac Shakur 1996 erschossen wurde, verließ Snoop Doggy Dogg „Death Row Records“. Um mit Suge Knight keine gefährlichen Konflikte zu haben, änderte er seinen Künstlernamen und hieß ab sofort nur noch Snoop Dogg. Und suchte sich ein Label außerhalb von L.A.
Der Rapper Snoop Dogg verkaufte 37 Millionen Alben
Und Snoop Dogg war ein sensationelles Geschäft: Insgesamt verkaufte der Rapper 37 Millionen Alben. Sein Ausstieg aus dem Gangsta-Genre erweiterte sein künstlerisches Spektrum: Snoop Dogg machte in Schauspiel, Fernsehunterhaltung und produzierte mit dem Hustler-Magazin einen „Erwachsenenfilm“. 2004 landete er mit "Drop it like it's hot" einen eingängigen Charthit (gemeinsam mit Produzenten, Rapper und Modedesigner Pharell Williams, der heute das Modehaus Louis Vuitton leitet).
Daneben kultivierte er sein Image als Dauerkiffer. Die Rauchschwaden, die den Rapper umgeben, waren zunächst rebellisches Markenzeichen, in Zeiten der Cannabis-Legalisierung in mehreren US-Bundesstaaten später ein Running Gag. Damit und mit viralen Gags wurde Snoop Dogg zu einem der wichtigsten Influencer. Sein Instagram-Account dient ihm zum Eigenmarketing und zuletzt für einen Marketing-Stunt, der mit seiner Liebe zum Cannabis-Rauch spielte.
„I'm giving up smoke“, ließ er seine Follower im Vorjahr wissen: Die Nachricht, Snoop Dogg höre mit dem Marihuana auf, raste durch das Internet. Es entpuppte sich als virale Werbung für ein rauchfreies Kaminfeuer. Snoop Dogg rauchte weiter, einen lukrativen Werbevertrag schwerer.
Bei den Olympischen Spielen in Paris ist er eigentlich TV-Korrespondent
In Frankreich ist er als Olympia-Korrespondent des Senders NBC. Schon vor vier Jahren hatte er mit Comedian Kevin Hart die Olympischen Spiele kommentiert. Wobei man sagen muss: Snoop kennt sich mit Sport aus, wegen tiefgehender Expertise hat man ihn aber nicht unter Vertrag genommen. Er steht für maximalen Unterhaltungswert.
Dass er selbst fit ist, zeigte er in einem 200-Meter-Lauf, den er anlässlich der Olympia-Qualifikation aufnahm: 34,44 Sekunden. Usain Bolt nahm die Strecke unter 20 Sekunden, aber immerhin: Für den olympischen Fackelzug wird es reichen. Und für einen 52-Jährigen mit Drogenproblem ist es eine Glanzleistung.
Heute scheinen alle Generationen Snoop zu lieben. Die Gen Z liebt ihn für seine virale Präsenz und seinen Vibe, die Mittvierziger dafür, dass er die Zeiten auf beeindruckende Art überdauert hat und immer noch cool ist.
Das Geheimnis seines Erfolges? „In jedem Raum, in dem ich bin, bin ich das größte Kind. Behaltet das Kind in euch: Das ist die Inspiration.“
Und Rauchwaren, möchte man in seinem Fall anführen.
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