Seit Tagen werden alle Zugänge zur „roten Zone“ im Zentrum streng kontrolliert, Polizisten sind dort allgegenwärtig. Einige Experten sehen es kritisch, angesichts der aktuellen Welt- und Bedrohungslage das Risiko eines Riesen-Spektakels mitten in Paris einzugehen – der Krieg zwischen Israel und der Hamas schlägt in Frankreich hohe Wellen, auch die Anwesenheit russischer Athleten unter neutraler Flagge ist umstritten. Ausweichpläne wurden erarbeitet. Seit dem Terroranschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau im März, zu dem sich ein afghanischer Ableger der Organisation Islamischer Staat (IS) bekannt hat, gilt auch in Frankreich wieder die höchste Warnstufe.
Kein „null Risiko“
„Es existiert eine einzige Methode, die null Risiko garantiert – sie besteht darin, überhaupt nichts zu tun“, sagt hingegen Guillaume Farde, Experte für innere Sicherheit und Forscher an der Eliteuniversität Sciences Po in Paris. „Man hätte die Feier in ein Stadion weit außerhalb verlegen können, entschied sich aber für ein ehrgeiziges Szenario, durch das die Schönheit der Stadt gezeigt und gewürdigt wird.“ Die für die Sicherheit Verantwortlichen hätten große Expertise.
Innenminister Gérald Darmanin versicherte, dass alles unter Kontrolle sei. „Wir haben keine einzige eindeutige Bedrohung hinsichtlich der Olympischen Spiele und der Eröffnungsfeier, aber sind extrem wachsam“, sagte er.
Von den beiden Terrororganisationen al-Qaida und IS gehe immer ein Risiko aus, sagt Farde. Als unwahrscheinlich schätzt er ein spektakuläres Attentat durch ein Terrorkommando, wie am 11. September 2001 in New York und am 13. November 2015 in Paris, ein. Bedrohlicher seien Einzelpersonen, die sich in Frankreich befinden. „Auf der Liste der Staatsgefährder stehen 20.000 Namen von Radikalisierten, von denen rund die Hälfte aktiv ist, 1.000 davon sind hoch gefährlich und stehen unter Beobachtung“, sagt der Experte.
„Uns besorgt die Möglichkeit eines Anschlags, für den ein simples Küchenmesser reicht und der auch außerhalb der Schutzzonen durchgeführt werden kann.“
Attentatspläne in Le Mans
Vor wenigen Tagen konnte ein Mann bei Le Mans festgenommen werden, der einen Taxifahrer bedroht und konkrete Attentatspläne, unter anderem auf eine Synagoge, gehegt hatte. „Er hätte ein Blutbad anrichten können“, so Farde. Aber er wurde gefasst.
Um nicht nur die Eröffnungszeremonie, sondern auch die Austragungsorte und das olympische Dorf abzusichern, haben die Behörden laut Darmanin die Identität von 900.000 Menschen überprüft, 4.355 Personen wurden Zugänge verweigert. Die Kontrollen betrafen die Besucher der Eröffnungszeremonie, die Antragsteller eines Durchgangspasses für die Sicherheitszone, akkreditierte Journalisten, Begleitpersonen der Athleten, aber auch alle jene, die im Umfeld der Spiele arbeiten, ob in der Küche oder für private Sicherheitsunternehmen.
„Die Reinigungsfirmen überprüfen ihre Mitarbeiter zum Beispiel nicht, aber die staatlichen Dienste müssen ein Auge darauf haben, wer die Spaghetti kocht oder die Zimmer im olympischen Dorf putzt, vor allem jene der israelischen Delegation“, sagt Farde. Für diese gibt es Medienberichten zufolge besonderen Schutz, und sie werden rund um die Uhr überwacht. Einer strahlenden Eröffnung und fröhlichen Spielen soll nichts im Wege stehen – das ist zumindest die Hoffnung.
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