Olympische Träume auf Kartonbetten: So wohnen die Österreicher
Ein Rundgang durch die Athletenwohnungen zeigt: Der olympische Gedanke wird groß gehalten, Luxus hält sich in Grenzen, dafür erhält der Kopf neue Aufmerksamkeit.
„Erwarte dir nicht zu viel von den Zimmern im olympischen Dorf, das ist wie eine Jugendherberge.“ Als sich das österreichische Beachvolleyball-Duo Alexander Horst und Julian Hörl für die Olympischen Spiele in Paris qualifizierte, holte der erfahrene Olympionike Horst, für den es die vierten Spiele sein sollten, seinen Kollegen und Olympia-Debütanten Hörl mit diesen Worten auf den Boden zurück.
Hörl war das in diesem Moment egal. Er freute sich auf das Erlebnis, den Wettkampf und auf die Begegnungen mit vielen der Tausenden Menschen, die in diesen Sommerwochen im olympischen Dorf wohnen werden.
Der KURIER hat vor Beginn der Spiele eine Rundgang gemacht. Das sind die Eindrücke.
Die Sicherheit
Schon am Weg dorthin ist klar, dass hier Außerordentliches passiert. In Zeiten von Krieg und Terrorwarnungen soll das olympische Dorf eine Oase sein. Die Athleten und deren Betreuerteams sollen sich entspannen und auf die Wettkämpfe und Vorbereitung konzentrieren können. Umso mehr muss schon vor den Toren zu dieser kleinen, neu entstandenen Stadt auf die Sicherheit geachtet werden.
Die Beamten der Police Nationale und Sondereinheiten stehen schon bei der U-Bahn-Station mit Maschinengewehren, überall sind Polizeibusse und mobile Straßensperren zu sehen. Die Beamten wirken aber entspannt. Ebenso wie die Hunderten Volunteers in türkisen Shirts. Dazwischen die Bewohner von Saint Denis, die ihre Einkäufe machen oder in die Arbeit fahren.
Das Leben im Dorf
Gleich beim Eingang erinnert ein Friedensdenkmal an den Gedanken hinter den Spielen. „Das ist ja der Sinn der Sache“, erinnert Österreichs „Chef de Mission“ Christoph Sieber, der seit Jahrzehnten etliche olympische Dörfer erlebt hat. „Wo sonst kommt man mit Menschen aus so vielen Nationen in Kontakt, kann gemeinsam essen, trainieren, leben?“
Am Hauptplatz haben sich ein paar Leute zum Public Viewing versammelt – es wird gerade olympischer Fußball gespielt. Ein paar Meter weiter befindet sich ein Supermarkt und ein Beautysalon, ein paar Athletinnen blättern grade durch ein Frisuren-Buch.
Die körperliche Fitness
Gleich daneben findet sich eine große Trainingshalle. Ein Stück weiter der Fitnessraum. Hier sitzen Sportlerinnen auf Rudermaschinen, Cardiogeräten, trainieren mit Theraband oder Gewichten.
Österreichs Team hat zudem Physiotherapie- und Medizin-Räumlichkeiten im eigenen Wohnhaus. Zur Regeneration finden sich dort ein Eisbecken und zwei Paar Recovery Boots, eine Art Luftsack für die Beine, die mithilfe von Luftdruckkammern das Gewebe massiert.
Auf den Radwegen im Dorf fahren ständig Athleten mit Fahrrädern, manchmal auch mit Skateboard vorbei. Viele joggen durch das Dorf. Die Golfcarts, die als Taxi dienen, benutzen die wenigsten.
Die psychische Gesundheit
Neu im olympischen Dorf ist die „Mind Zone“. Hier ist es kühl und ruhig. Hier können Athleten mit acht Virtual-Reality-Brillen entweder Atemübungen machen, oder sich durch Visualisierung in die Wettkampfsituation im Stadion bringen. „Olympische Spiele sind eine intensive Umgebung am Höhepunkt der Karriere“, sagt Sieber. „Da kann ein Raum, in dem man sich mental vorbereiten kann, schon essenziell sein.“
In einer Ecke schreibt ein britischer Athlet gerade Postkarten, ein paar Meter weiter stehen zwei Staffeleien, an denen man malen kann, daneben Yogamatten.
Draußen, zwischen den Wohneinheiten finden sich Entspannungsmöglichkeiten wie Cafés, Tischfußball, Tischtennis und andere Orte der Begegnung. Etwa die Essenshalle, wo von Pizza bis Curry und Halal für fast alle was dabei ist. Dennoch gibt es Kritik. Britische Athleten etwa finden das Essen mangelhaft und bringen regelmäßig eigene Speisen mit.
Die Zimmer
Ein kleines Vorzimmer mit Sitzsäcken und Kühlschrank, dahinter ein Doppelzimmer mit den bereits zum Social-Media-Hit gewordenen Kartonbetten, die die Athleten schon aus Tokio kennen.
Sie sollen ebenso der Nachhaltigkeit dienen wie etwa die Trinkbrunnen, die den Plastikmüll reduzieren sollen. Oder die Rationierung der Speisen, anhand derer man den Lebensmittelabfall verringert werden soll.
Ein kurzer Test macht schlau: Die Betten sind bequemer, als es sich anhört. Aber offenbar nicht für jeden: Schwedische Handballer sollen einen Abstecher in ein ihnen gut bekanntes Möbelhaus gemacht haben, um sich neue Matratzen zu besorgen.
Beachvolleyballer Julian Hörl jedenfalls ist zufrieden, doch Kollege Horst hat ihm „nicht zu viel versprochen“, was die Zimmer angeht. Für seine 1,96 m Körpergröße hat er einen Extra-Kartonteil für sein Bett erhalten. Jetzt schläft es sich gut.
Bleibt noch die Frage, ob auch der schwerste Athlet im Team auf einem Kartonbett schläft? Ja, auch einen Lukas Weißhaidinger hält es aus.
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