Man konnte sich fürchten – musste man ja fast schon. Teuer, schmutzig, unfreundlich und gefährlich sei die Stadt, in der von 26. Juli bis 11. August die Sommerspiele von 2024 abgehalten werden, hieß es im Vorfeld.
Das KURIER-Team hat die Vorurteile auf ihren Wahrheitsgehalt vor Ort abgeklopft und kann bilanzieren: nicht jedes Vorurteil stimmt.
Paris ist fast schon lächerlich teuer.
Ja, in Warschau, Krakau oder Bratislava kann man bestimmt günstiger essen oder trinken. Doch abseits des Zentrums von Paris muss man auch als Normalverdiener nicht Hunger leiden. Es muss ja nicht immer das dreigängige Menü im Restaurant am Boulevard sein. Die Hotelpreise sind allerdings tatsächlich während Olympia gewaltig in die Höhe gegangen.
Wahrheitsgehalt: 3 von 5 Punkten
Überall Polizei und Militär in Uniform
45.000 Polizisten und Gendarmen sollen rund um die Spiele im Einsatz sein. Dazu kommen 20.000 private Sicherheitsleute und 15.000 Angehörige des Militärs. Tatsächlich sieht man die Uniformierten zumindest in der Nähe der Sportstätten an jeder Ecke, schwer bewaffnet. Was aber beruhigt, ist ihr entspanntes und freundliches Auftreten.
Wahrheitsgehalt: 4,5/5
Völliges Chaos! Die Öffis sind alle überfüllt.
Die Pariser würden in Scharen ihre Stadt verlassen, hieß es. Die öffentlichen Verkehrsmittel würden während Olympia kollabieren, wurde prophezeit. Tatsächlich kommen die Metros im 2-Minuten-Takt, selbst wenn mehr als 70.000 Menschen zeitgleich zum Bahnhof St. Denis strömen, kommt es nur zu kurzen Wartezeiten. Voll sind die U-Bahnen natürlich, bummvoll ist ab und zu die Straßenbahn. Von Kollaps aber keine Rede.
Wahrheitsgehalt: 2,5/5
Die Stadt versinkt im Stau.
Autofahrer, die im Großraum Paris innerhalb des Autobahnrings unterwegs sind, brauchen eine eigene Vignette. Die Bereiche um die Sportstätten sind für den Individualverkehr großräumig abgesperrt. Das Straßenbild prägen Radler, E-Scooter-Fahrer und Fußgänger. Nur auf dem Autobahnring, dem Pendant zur Südosttangente, staut es sich Tag für Tag.
Wahrheitsgehalt: 1,5/5
Paris ist gefährlich.
Olympische Spiele sind ein Ziel von Terroristen. Die Banlieues sind gefürchtet. Manche Gegenden im Norden von Paris sollen Olympia-Touristen sogar meiden, hieß es im Vorfeld. Doch der massive Polizeieinsatz vor und während Olympia hat laut französischen Medien zu einem starken Rückgang der Kriminalität geführt. Diebstähle seien um 24 Prozent zurückgegangen, Gewalttaten in öffentlichen Verkehrsmitteln um 40 Prozent, sagte Innenminister Gérald Darmanin.
Wahrheitsgehalt: 1/5
Olympia? Interessiert doch niemanden.
Wie bei den Spielen in London 2012 sind auch in Paris die Sportstätten voll. 77.000 beim Rugby, 20.000 beim Turnen, 17.000 beim Schwimmen. Die Spiele sind das Thema schlechthin in der Stadt. Auf TV-Geräten in Lokalen sind die Bewerbe ebenso zu sehen wie auf den Handys der Menschen in der U-Bahn. Nur der Kellner in der Bar um die Ecke spricht am liebsten über Paris Saint-Germain.
Wahrheitsgehalt: 0,5/5
Die Seine ist eine Dreckslacke.
Es war ein Leuchtturmprojekt dieser Spiele. Die Seine sollte bis zur Eröffnung so sauber sein, dass Triathlon und Freiwasserschwimmen darin möglich sein würde. Doch Regenfälle machten den Organisatoren einen Strich durch die Rechnung, Verschiebungen waren die Folge. Letztlich konnten die Bewerbe doch stattfinden, alle Sportler sind zumindest bis dato gesund geblieben und gestunken hat der Fluss auch nicht.
Temperaturen von bis zu 37 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit brachten am Anfang der Woche sowohl Sportler als auch Zuschauer an ihre Grenzen. Bei manchen Ausgängen der U-Bahnen wurde Wasser verteilt, um das Schlimmste zu verhindern. Doch die Temperaturen gingen wieder zurück. Und es ist bei Weitem nicht so unerträglich wie in Tokio 2021 – aber da musste auch niemand zuschauen.
Franzosen sind unfreundlich, können kein Englisch.
Das wohl falscheste Vorurteil während dieser Spiele. Hilfsbereit, freundlich und polyglott zeigen sich die Franzosen. Versucht man es mit Französisch, hat man ohnehin schon einen Stein im Brett und die Pariser tun ihr Bestes, um zu verstehen. Nicht einmal, als sich ein Kellner irrtümlich dachte, bei den KURIER-Mitarbeitern handle es sich um Deutsche, war Antipathie zu bemerken.
Kommentare