Die großen olympischen Emotionen von Paris 2024

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Einer der Größten: Nadal durfte noch einmal in Paris spielen
Eine kleine Amerikanerin, eine schnelle Niederländerin und ein alternder Tennis-Star. Diese Szenen gingen besonders ans Herz.
Olympische Spiele werden niemals Routine. Auch nachdem ich mich nach London und Rio zum dritten Mal für den KURIER qualifizieren konnte, blieb ein mulmiges Gefühl vor dem Start. Was wird einen erwarten, außer lange Arbeitstage? Wie werden einem die Pariser begegnen? Werden die im Vorfeld so kritisierten Spiele gar zum Flop, überschattet von Protest und Sabotage?
Die Befürchtungen zerschlagen sich rasch, es bleiben Erinnerungen an zwei Wochen voller großer Emotionen. Eine ganz persönliche Auswahl.
- Die Spiele beginnen für die Gastgeber märchenhaft. Frankreich besiegt Fidschi und ist Olympiasieger im 7er-Rugby bei den Männern. Keinen der 77.000 Zuschauer im Stade de France hält es auf seinem Sitzplatz, als Antoine Dupont den entscheidenden Try legt. Staatspräsident Emmanuel Macron jubelt in seiner Loge, die Faust Richtung Nachthimmel gestreckt. Er weiß: ein erster Schritt zu gelungenen Spielen ist getan.
- Menschen feiern gemeinsam in den Straßen von Paris. Volleyball-Fans aus Japan, Turn-Fans aus den USA, Bogenschieß-Fans aus Korea, Radsport-Fans aus Holland, Reit-Fans aus Deutschland, Wasserball-Fans aus Ungarn. Sport kann so vielfältig sein – und so friedlich.
- „Es wird der Lauf meines Lebens“, prophezeit Markus Fuchs, der erste 100-Meter-Sprinter aus Österreich bei Olympia seit 24 Jahren. Doch nach einer nicht idealen Vorbereitung versagt er am Tag X. Seine Gefühle hat er danach nicht mehr unter Kontrolle. Gleichzeitig lachend und weinend spricht er vom „Schönsten, das ich mir vorstellen konnte“ und von einer Leistung, für die er sich „schäme“.
- Da unten auf dem roten Sand schlägt einer der Größten auf, Rafael Nadal. Auch der Laie erkennt, wie der 38-Jährige bei seinem wohl letzten großen Auftritt in seinem Stadion zu kämpfen hat mit seinem geschundenen Körper und den Schmerzen, die er ihm bereitet. Ein Match gewinnt Rafa im Einzel noch, gegen Djokovic ist es dann vorbei. Eine Legende verabschiedet sich von Olympia.
- Ein Wurf auf den Rücken, Ippon, die erste Medaille für Österreich. Bronze für Judoka Michaela Polleres. Erleichterung auch bei den anwesenden Journalisten von anderen Medienhäusern. Die Forderungen nach Krisengeschichten aus den heimischen Redaktionen sind damit vorbei. Mit einem Empfang, der auch als Persiflage auf österreichischen Provinzialismus durchgehen könnte, wird Polleres am Abend im House Austria gefeiert.
- Noch ein doppelter Salto mit Schraube, dann steht sie auf der Matte, streckt die Hände in die Höhe und weiß, sie hat es geschafft. Ein Aufschrei wie aus einer Kehle geht durch die Halle, Simone Biles, die Lichtgestalt des Turnens, die Erfolgreichste der Geschichte, holt ihre fünfte, sechste und siebente Goldmedaille. Vor der Halle warten schwarze Limousinen auf Promis wie Tom Cruise, Lady Gaga und Serena Williams. Doch der wahre Star an ist nur 1,42 Meter groß.
- Das Hallendach scheint wegzufliegen, wer nicht schwerhörig ist, der ist es jetzt. Wieder schlägt Léon Marchand als Erster an. Der 22-jährige Schwimmer ist der Liebling einer ganzen Nation und wird zum großen Abräumer. Viermal Gold, viermal olympischer Rekord. Die Bewerbe im Schwimmen faszinieren auch Nichtschwimmer.
- Gnadenlos brennt die Sonne auf die mächtigen Stahlrohrtribünen. Der Blick reicht über Wälder und Gärten bis zum berühmten Schloss von Versailles. Die historische Anlage bietet eine atemberaubende Kulisse für die Reitsport-Bewerbe. Die Boxen für die Pferde sind klimatisiert.
- 4 x 400 Meter Mixed, Männer und Frauen in einem Rennen, ein fantastischer Bewerb. Bei der letzten Staffelübergabe liegt die Niederlande abgeschlagen auf Rang vier. Doch Schlussläuferin Femke Bol läuft entfesselt, auf den letzten Metern überholt sie noch alle – Gold.
- Der Tag des 100-Meter-Finales ist auf weniger als zehn Sekunden komprimiert. Die acht schnellsten Männer der Welt stürmen los, nach 9,79 Sekunden ist alles vorbei. Die Zeit des „Langsamsten“ hätte 1992 noch für Gold gereicht. Noah Lyles ist hauchdünn vorne. Der Showman ist der König der Sprinter. Arroganz wird ihm oft vorgeworfen. In der Pressekonferenz zu Mitternacht beweist er das Gegenteil.
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