Neben Alaba, Thiem und Co.: Der vergessene Jahresweltbeste

OLYMPISCHE SOMMERSPIELE RIO DE JANEIRO 2016: SCHWIMMEN / 400 M KRAUL / AUBÖCK (AUT)
Österreichs Top-Athleten kämpfen wieder um die Auszeichnung als Sportler des Jahres. Schwimmer Felix Auböck ist trotz Bestleistungen nicht einmal nominiert.

Gleichgültig, wie lange Dominic Thiem braucht, um sich vom Wiener Viertelfinal-Out und seiner kleinen Blessur zu erholen – am 10. November wird er wieder großer Sieger sein. Wenn man ihn als Sportler des Jahres mit dem Niki dekoriert.

Nach den Absagen von Olympia und Fußball-EM war die Sinnhaftigkeit der Sportlerwahl 2020 (bei der über 400 Mitglieder von Sports Media Austria stimmberechtigt sind) angezweifelt worden. Doch dann gelang der Pandemie zum Trotz Sporthistorisches:

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US-Open-Triumph von Thiem; Champions-League-Pokal für den FC Bayern mit dessen Wiener Abwehrchef David Alaba; erster Weltcupsieg für Österreich im Turnen dank Vinzenz Höck; Marathon-Rekord von Peter Herzog. Polemisch lässt sich hinzufügen, dass es um Österreichs Sport großartig bestellt sein muss, wenn ein Weltranglisten-Erster in einer Elementarsportart bei der Sportlerwahl keine Stimmen bekommen kann.

Ungerecht

Schwimmer Felix Auböck, 23, scheint auf der 18-köpfigen Kandidatenliste fürs Online-Voting erst gar nicht auf. Und das, obwohl der Modellathlet aus Bad Vöslau soeben in Budapest, wo er schon im Juli auf der Langbahn über 400-Meter-Kraul Jahresweltbestzeit erzielt hatte, nun auch im 25-Meter-Becken der Duna-Indoor-Arena mit Weltbestmarke (3:37,48) brillierte.

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Was hierzulande von Medien im Wetteifern um Klicks und Quoten freilich nur – wenn überhaupt – per Kurzmeldung gewürdigt wurde. Während Ex-Schwimmstar Markus Rogan als Covid-Sünder Hauptthema war, nachdem er als Mentalcoach des israelischen Fußball-Nationalteams trotz Positiv-Tests die Quarantäne ignoriert und sich widerrechtlich ins Flugzeug Richtung USA gesetzt hatte.

Auböck, der an der Universität Michigan seine Politikwissenschaftsstudium erfolgreich abschloss und bei der zweiwöchigen Budapester Meetingserie für die New York Breakers krault, wurde für seine Jahresweltbestleistung mit 1.500 Dollar belohnt. Eine Summe, um die sich Tausende Durchschnittskicker in diesem Jahrtausend nicht einmal die Schuhe zugebunden hätten.

Doch jetzt steht dem bezahlten Sport das Wasser bis zum Hals. Auch in den populärsten Teamsportarten. Auch in Deutschland, wo selbst manch Bundesligaklub nur noch dank der TV-Gelder überlebt.

Unvereinbar

Stoppt das Virus den internationalen Gagen-Wahnsinn?

Wenn Legionäre im Ausland nur halb so viel kassieren, wird keiner verarmen.

Wenn sich aber in Österreich ein längerer Lockdown nicht vermeiden lässt, droht die Zwölfer-Bundesliga zur Sechser-, Fünfer-, Vierer-Meisterschaf zu schrumpfen oder gar liquidiert zu werden. Und wenn im Amateur- und Nachwuchsbereich, in dem schon im gesamten Frühjahr pausiert werden musste, jetzt neuerlich zug’sperrt wird, dann rennen Talente den Klubs endgültig davon. Und starren nur noch auf Handy und Computer.

Sportpsychologen warnen vor einem Entwöhnungseffekt. Gerade deshalb sind für die Jugend Vorbilder à la Thiem und Alaba so wichtig. Nur sollte Letzterer öffentliche Diskussionen um seine Vertragssituation beim FC Bayern vermeiden. In Zeiten, in denen Millionen Europäer arbeitslos sind, kommt ein Fußballer- Poker um ein zweistelliges Millionen-Jahressalär gar nicht gut an.

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