Todesserie von Teenagern spaltet die Motorrad-Szene
Zum guten Ton in der Motorrad-WM gehört aktuell die Stille. Drei Mal binnen weniger Monate kam es nun vor, dass die Stars der MotoGP ein Rennwochenende mit einer Schweigeminute einleiteten. So auch das jüngste.
Beim Grand Prix der USA in Austin stand Dean Berta Viñales im Mittelpunkt der Trauer. Der 15-jährige Cousin von MotoGP-Fahrer Maverick Viñales war in der Vorwoche bei der World-Supersport-300-Meisterschaft in Jerez ums Leben gekommen. Es ist alles andere als ein unglücklicher Einzelfall: Viñales ist der dritte Teenager seit Mai, der sein Leben auf der Strecke lassen musste.
Die Unglücksserie ruft daher Veranstalter und Protagonisten auf den Plan, die Kritik von vielen Seiten ist groß. „Die Rennen sind unheimlich. Jeder riskiert mehr als das Maximum, und niemand denkt daran, was passieren kann“, sagt Valentino Rossi. Für die Rennfahrer-Legende aus Italien sei einfach „das Aggressionslevel“ der jungen Fahrer zu hoch, außerdem stünden zu viele Maschinen am Start. Oft sind es mehr als 40 Motorräder in den Nachwuchsklassen.
Diese Entwicklung sei durchaus beabsichtigt gewesen, erklärt Gustl Auinger im KURIER-Gespräch: „Der Motorrad-Sport hat sich ganz klar zum Ziel gesetzt, dass der Fahrer den Unterschied ausmachen soll. Dafür braucht man aber ausgeglichenes Material“, sagt Österreichs ehemaliger Grand-Prix-Pilot und derzeitiger Experte bei ServusTV. Die Folge sind ungemein ausgeglichene Rennen vom Start bis zur Zielflagge. Selbst in der Königsklasse MotoGP haben es 2021 bis zum Grand Prix der USA 14 verschiedene Piloten aufs Podest geschafft.
Idiotischer Jugendwahn
Die MotoGP ist das Ziel aller jungen Piloten. Darauf werden einige bereits vor dem Teenageralter vorbereitet. Auch Auinger ist über den Red Bull Rookies Cup in die Nachwuchsarbeit eingebunden, den Jugendwahn sieht er aber durchaus kritisch: „Es ist ein idiotisches Ideal, dass man alle zwei Jahre in die nächsthöhere Klasse kommen muss, um keinen Knick in der Karriere zu haben. Von dem Gedanken sollte man sich trennen, weil die Fahrer sonst immer mehr riskieren werden, um voranzukommen.“
Der Heldenstatus einiger Starpiloten nach Stürzen beeinflusst die Talente. Der Crash darf nicht Teil eines guten Rennens sein“
Die große MotoGP sende mitunter falsche Botschaften aus, indem PR-Abteilungen und auch Medien spektakuläre Stürze teilweise glorifizieren: „Der Heldenstatus einiger Starpiloten nach Stürzen beeinflusst die Talente. Der Crash darf nicht Teil eines guten Rennens sein.“
Dennoch seien selbst Debütanten mit 14 oder 15 Jahren besser vorbereitet, als es seine Generation in den 1970ern jemals gewesen ist. Eine Drosselung der Geschwindigkeiten, wie diskutiert, wäre kontraproduktiv, glaubt Auinger. „Die Nachwuchsmaschinen sind nicht furchterregend schnell. Die Fahrer haben keine Angst, ans Limit zu gehen. Aber ab der Moto2, wenn das Bike 300 km/h zulässt, hat man automatisch mehr Respekt.“
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