Porsche-Sportchef: "Nah am Fan ist derzeit nicht das Klügste"

Ein Porsche Formel-E-Rennwagen mit der Nummer 18 auf einer Rennstrecke.
Der Steirer Fritz Enzinger raste zuletzt von Sieg zu Sieg. Nun tritt er auf die Bremse - und beobachtet die Formel 1.

Zumindest Porsche-Fahrer in spe haben schon bald das Gröbste überstanden. Seit Montag darf im Stammwerk in Zuffenhausen wieder am Mythos Sportwagen geschraubt werden. Die Betriebssperre ist zu Ende. "Trotz aller digitalen Kommunikationswege haben sich die Mitarbeiter auf die Rückkehr gefreut", sagt Fritz Enzinger. Doch gerade die Abteilung des 63-jährigen Steirers muss noch ein wenig länger im Homeoffice ausharren. Motorsport auf höchstem Level gehört zwar zur Stuttgarter Firmengeschichte wie der 911er, er kreiert Image, aber eben nur bedingt Umsätze.

Fritz Enzinger, der Vizepräsident bei Porsche Motorsport, mag prinzipiell berufliche Herausforderungen. 2011 durfte er das legendäre Rennprogramm von Porsche komplett neu aufbauen. Nur vier Jahre später fuhr das Team beim 24-Stunden-Rennens von Le Mans als Erstes über die Ziellinie.

Video: Die Rekordfahrt des Langstrecken-Porsches

In der aktuellen Situation ist aber auch der Manager zum Abwarten gezwungen. "Bei sportlichen Veranstaltungen steht die gesundheitliche Sicherheit an erster Stelle. Und wann die tatsächlich wieder gewährleistet sein wird, kann derzeit wohl niemand sagen." 

Am Dienstag verhandeln die Verantwortlichen der Formel E mit den Teams über die Fortführung der Saison, die ursprünglich bis Juli angesetzt war. Porsche ist einer der Neulinge in der vollelektrischen Rennserie, für den Konzern ist es ein Prestigeprojekt. "Wir werden dennoch nichts übereilen", sagt Enzinger, "die Formel E steht dafür, nah an den Fans zu sein. Wir wollen zu ihnen kommen, in die Städte. Das ist derzeit nicht das Klügste."

Dem studierten Maschinenbauer ist bewusst, dass es aktuell ein Werksteam einfacher hat, als etwa ein kleines Privatteam. In der Zukunft werde es daher auch um Solidarität gehen.

Trotz der Budgets in Millionenhöhe ist der Rennsport ein lohnendes Geschäft für einen Autohersteller von Weltrang, genauer gesagt: Der Kundenrennsport ist es. Tausende professionelle und semiprofessionelle Rennfahrer rund um den Globus fahren auf und mit Porsche ab.

Der Motorsport werde auch künftig seinen Platz finden. Nachsatz: "Wenn er vernünftig ist", so Enzinger, der neben seiner Rolle bei Porsche für die Motorsportaktivitäten aller acht Marken im Volkswagen-Konzern verantwortlich ist. Ein interessantes Aufgabenfeld, vereint die Gruppe doch Marken wie Seat und Skoda, aber auch Lamborghini und Bentley unter einem Dach.

Ein Mann in einem schwarzen Porsche Motorsport Polo-Shirt posiert vor einer weißen Wand.

Den kürzlich verkündeten Rückzug von Audi aus der DTM nahm er zur Kenntnis, "es war ein Vorstandsbeschluss, der einer Konzernstrategie folgt". Maßgebend für alle künftigen Motorsportaktivitäten seien zwei Parameter: Entweder es wird vollelektrisch gefahren oder mit Verbrennungsmotor und Hybridantrieb.

Den findet man beispielsweise in den aktuellen Formel-1-Autos. Mehr als einen Prüfauftrag für den Bau eines solchen gab es vom Porsche-Vorstand jedoch nie. Dennoch wagt Fritz Enzinger, aufgewachsen nur ein paar schnelle Kurven vom einstigen Österreichring entfernt, immer wieder gerne einen Seitenblick. Mit BMW feierte er einst Grand-Prix-Siege. Den Saisonstart der Formel 1 Anfang Juli in Spielberg hält er für ambitioniert. "Die Formel 1 ist zwar eines der geschlossensten Systeme im Weltsport, aber auch da kann es Lücken geben."

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