Als Lewis Hamilton am 5. August 2007 zum ersten Mal das Formel-1-Rennen auf dem Hungaroring gewann, da existierte das iPhone erst ein Monat und Instagram, das längst zum Leitmedium des Briten geworden ist, noch lange nicht. Man kann sich daher nur ausmalen, mit welchen Bildern und Botschaften Hamilton seine mittlerweile fast 18 Millionen Abonnenten teilhaben hätte lassen an einem für ihn aufreibenden, aber auch richtungsweisenden Rennwochenende.
Seinen damaligen McLaren-Teamkollegen, Doppelweltmeister Fernando Alonso, hatte der 22-jährige Debütant dermaßen entnervt, sodass dieser ihn in der Qualifikation absichtlich behinderte (siehe Video unten). Es sollte nichts bringen – im Gegenteil. Nach dem dritten Karrieresieg gehörten die Sympathien teamintern endgültig dem jungen Hamilton.
Bis heute geblieben ist die spezielle Beziehung zum Hungaroring. Auf kaum einer Strecke fühlt sich der nunmehr 35-Jährige so wohl wie auf der Piste vor den Toren Budapests, wo Überholen schwierig ist und das Qualifying, die Paradedisziplin von Hamilton, eine noch größere Bedeutung hat.
Es passt daher ins Bild, dass Lewis Hamilton am Sonntag beim Großen Preis von Ungarn (15.10 Uhr/live ORF1, RTL, Sky) die nächste Bestmarke von Michael Schumacher einstellen kann – der achte Sieg auf einer Strecke.
Es ist kein Geheimnis mehr, dass der Mercedes-Star dabei ist, die Rekordlisten der Formel 1 umzuschreiben (siehe Grafik). Imposant ist neben dem Tempo freilich die Konstanz, mit der der sechsfache Weltmeister daran arbeitet. In jeder seiner 14 Saisonen hat Hamilton zumindest einen Grand Prix gewonnen. Dass er dabei nicht immer im schnellsten Auto des Feldes gesessen ist, soll nicht unerwähnt bleiben.
Im Rennauto verfügt Lewis Hamilton über die Gabe, Grenzen zu verschieben. Steigt er aus seinem Dienstwagen aus, bricht er diese mittlerweile immer öfter auf. Galt er in jungen Jahren als Trendsetter, ist der Engländer nun jener Mann im Fahrerlager, der – ganz anders als etwa Schumacher – auch die großen Themen setzt. Hamilton war der Erste, der Mitte März, als das Coronavirus schön langsam die Welt lähmte, den Saisonstart in Australien öffentlich infrage stellte.
Den Verantwortlichen, darunter auch seinen Arbeitgeber, warf er vor, nur aufs Geld zu schauen. Und ja, das mag absurd geklungen haben für jemanden, der mit einer Jahresgage von 50 Millionen Dollar zu den bestbezahlten Athleten des Planeten gehört.
Unzweifelhaft ist sein Engagement für die Antirassismus-Bewegung, auch da gibt er den Klassensprecher der Königsklasse. Der Nachfahre grenadischer Einwanderer sah sich immer als Außenseiter in einem von Weißen dominierten Sport. Sein Mercedes-Rennstall, der in dieser Saison extra mit schwarz lackierten Autos im Kreis fährt, will bei der Personalauswahl künftig genauer auf gesellschaftliche Vielfalt achten.
Lewis Hamilton hat das zufrieden zur Kenntnis genommen. „Still I Rise“ ist auf seinen Rücken tätowiert. Nicht nur er ist es, der noch an Größe gewinnt.
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