Bereits am ersten Formel-1-Tag strauchelt Mercedes
32,4 Kilometer weit, in etwa von der Wiener Stadtgrenze bis nach Baden, schaffte es das Weltmeisterteam von Mercedes am ersten Testvormittag der Formel 1. Sechs volle Runden in vier Stunden legte Valtteri Bottas in seinem W12 am Freitag in Bahrain zurück. Um es klarzustellen: Das klingt nicht nur nach wenig. Für einen Rennstall, der vor dem ersten Grand Prix Daten dank Kilometern sammeln muss, ist das ein Desaster.
Und so kam es dann auch, dass die interessierte Fangemeinde zwar nicht schadenfroh reagierte, aber doch zumindest ein wenig erleichtert. Das große Rennen um den WM-Titel 2021 ist womöglich doch noch nicht gelaufen, bevor die Rennwagen am 28. März in Bahrain das erste Mal in der Startaufstellung für einen Grand Prix die Positionen beziehen.
Dabei hatten Experten genau das befürchtet. Vor allem die offizielle Präsentation des schwarzlackierten Silberpfeils vor einer Woche gab der Konkurrenz Anlass zur Sorge: Die Seriensieger hatten den Unterboden an ihrem Boliden mysteriös abgedeckt gelassen. War den Ingenieuren des deutschen Werksteams trotz des engen technischen Reglements erneut etwas Geniales gelungen?
„Nicht alles ist für die Öffentlichkeit. In gewisser Weise ist es ein Informationskrieg“, sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Gerade heuer ist der Entwicklungsspielraum während der Saison gering. Aufgrund der finanziellen und organisatorischen Beschränkungen in Pandemiezeiten haben sich die Teams und die Verantwortlichen der Rennserie darauf geeinigt, das Reglement praktisch einzufrieren. Die meisten mechanischen Bauteile stammen aus dem Vorjahr, jedes Team hat nur zwei Mal die Möglichkeit, einen Bauteil neu zu entwickeln.
Wer daher bei den bis Sonntag dauernden Testfahrten grobe Defizite entdeckt, wird sie wohl bis zum Saisonende mitschleppen. Die ersten Gewinner des ersten Tages sind – was Tempo und Ausdauer betrifft – Red Bull, McLaren (seit heuer mit Mercedes-Motoren) und Alpine (vormals Renault).
Der Fehlstart von Mercedes könnte dennoch ein Trugschluss sein. Der geheimnisvolle Unterboden ist jedenfalls einzigartig gestaltet und könnte im Laufe der Saison doch die entscheidenden Hundertstelsekunden bringen. Die Probleme vom Freitag sind anderswo zu suchen. Bei Bottas streikte das Getriebe, und auch Teamkollege Lewis Hamilton kam am Nachmittag anfangs nur schleppend in die Gänge. Alleine das reicht für Schlagzeilen. Denn in den vergangenen sieben Weltmeisterjahren war es gerade die Standfestigkeit, mit der das Werksteam von Beginn weg die Konkurrenten zermürbte.
Ein Insider verrät
So erklärt es auch Gabriel Elias in einem bemerkenswert offenen Beitrag auf der Plattform Racer.com. Der Amerikaner, der die vergangenen sechs Jahre Teil der Designabteilung von Mercedes war, beschrieb die Teststrategie der Silberpfeile wie folgt: „Dass die Leistung des Autos stimmt, wussten wir schon davor.“ Während die anderen Rennställe sich erst langsam ans Limit herantasteten, „haben wir versucht, das Auto zu brechen“.
Das gelang auch am Freitag. Allerdings unfreiwillig. Und so kam es dann auch, dass aus den Ergebnislisten Ungewohntes abzulesen war. Mit Carlos Sainz auf Rang fünf lag ein Ferrari weit vor Lewis Hamilton (10.).
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