Unaufhörlich bläst der Wind den Wüstensand ins Fahrerlager. Spürbar ist im Sturm die Ruhe vor dem Sturm, dem Training am Freitag und vor allem dem Qualifying am Samstag, bei dem die Teams ihre Karten auf den Tisch legen müssen. Noch ist unklar, ob tatsächlich Red Bull voran sein wird, ob Ferrari Mercedes überholt hat, ob die Silberpfeile tatsächlich Rückstand haben. Die Favoritenrolle schieben sich die Teams gegenseitig zu. Man hält sich bedeckt und gibt sich gelassen vor dem ersten Saisonrennen in Bahrain.
Auf den Terrassen vor den Team-Gebäuden wird gescherzt, eine Umarmung da für Rückkehrer Kevin Magnussen, ein Kaffee dort für Mick Schumacher, ein schnelles Foto mit Sergio Pérez. Bei Red Bull wischt ein Mitarbeiter den Sand von den Werbetafeln, vor der Mercedes-Box waschen zwei Mechaniker Reifen, wiegen jeden davon ab und notieren sich die Ergebnisse. 22,7, 23,2, …
Corona-Regeln
MNS-Masken werden, wenn überhaupt, nur noch unter der Nase getragen. Zwar muss jeder im Paddock geimpft sein, doch die verpflichtenden Corona-Tests sind ebenso Geschichte wie die Abstandsregeln, die jedes entspannte Gespräch in den vergangenen zwei Jahren fast unmöglich gemacht haben.
Nur die Fahrer müssen noch regelmäßig testen – und bei Sebastian Vettel schlug der Test an. Der Deutsche wird den Auftakt verpassen und durch seinen Landsmann ersetzt. Nico Hülkenberg wird somit seinem Spitznamen „Hulkenback“ einmal mehr gerecht. Der 34-Jährige wird nur für ein Rennen einspringen, doch auf welche Neuerungen müssen sich die Fans dauerhaft einstellen?
NEU: Aerodynamik
Vielleicht ist es nicht die größte Revolution in der Geschichte der Formel 1, wie manche behaupten. Aber die Aerodynamik-Regeln wurden tatsächlich komplett überarbeitet – und die Teams reagierten mit höchst unterschiedlichen Konzepten, die Autos unterscheiden sich heuer durch mehr als nur die Lackierung. „Es ist eine komplett neue Ära“, sagt Weltmeister Max Verstappen. „Alles kann passieren.“
Das Mindestgewicht (inklusive Fahrer) stieg deutlich an, von 743 auf 798 Kilogramm. Der Anpressdruck des Autos soll vor allem über den Ground Effect erzeugt werden (Grafik). Front- und Heckflügel sind so gestaltet, dass sie möglichst wenig Verwirbelungen (Dirty Air) erzeugen. Durch den neu generierten Abtrieb leiden manche Teams allerdings unter „Porpoising“. Dieser Effekt tritt auf der Geraden auf, wenn das Auto durch den hohen Anpressdruck so weit an den Asphalt gedrückt wird, dass der Abtrieb abreißt und das Auto in die Höhe springt. Dieses Hoppeln ärgert nicht nur die Fahrer, es ist auch ein Sicherheitsproblem. Besonders betroffen ist Mercedes. „Es gibt noch viel zu lernen und zu entdecken“, sagt Motorsportchef Toto Wolff.
NEU: Reifenregel
Nicht nur die Reifen und die Felgen (18 Zoll mit Radkappen statt 13 Zoll) sind neu, sondern auch die Regeln für die Wahl der Reifen. Ab dieser Saison dürfen alle Teams den Reifen frei wählen, mit dem sie ins Rennen gehen wollen.
NEU: Kostendeckel
142,4 Millionen Dollar (ca. 124 Mio. Euro) dürfen die Teams pro Jahr (ohne Fahrergehälter) maximal ausgeben. Diese Einschränkung betrifft vor allem die großen Teams wie Mercedes, Red Bull oder Ferrari. Genau geplant werden muss, in welche Richtung man entwickelt und welche Teile man produziert. Geht es in eine falsche Richtung, kann der Kostendeckel eine weitere Entwicklung unmöglich machen. „Für einige Teams mag es neu sein, dass sie ein Budget verwalten müssen“, sagt McLaren-CEO Zak Brown. „Aber es ist im Sinne des Sports.“ Und es ist auch im Sinne der Fans: Die Teams werden nicht nur budgetär näher zusammenrücken.
NEU: Wochenendpläne
Die Rennwochenenden werden von vier auf drei Tage gekürzt, um dem Kalender mit 22 Rennen gerecht zu werden. Komplett gestrichen wurde der Donnerstag, der bisher den Fahrern für Medienaktivitäten zur Verfügung gestanden ist. Diese werden nun auf den Freitag verlegt, wodurch die freien Trainings zeitlich etwas nach hinten rücken. Das gilt auch für Monaco, wo am Mittwoch Medientag und am Freitag Ruhetag war.
NEU: Rennleitung
Nach seinen äußerst umstrittenen Entscheidungen in den letzten Rennrunden 2021 ist Rennleiter Michael Masi seinen Job los. Seine Aufgaben werden nun abwechselnd übernommen von Niels Wittich (GER), dem früheren Rennleiter der DTM, und Eduardo Freitas (POR), der unter anderem Renndirektor in der European-Le-Mans-Serie war. FIA-Urgestein Herbie Blash unterstützt beratend. Zudem wird ein virtueller Kontrollraum installiert, ähnlich dem VAR beim Fußball. Funkverkehr zwischen Rennleitung und Teams wird nicht mehr übertragen.
NEU: Miami
Die Formel 1 expandiert weiter, erstmals macht sie am 8. Mai einen Stopp in Miami. Der Kurs wird rund um das Hard Rock Stadium der Miami Dolphins führen. Der Grand Prix in Texas bleibt weiter im Programm.
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