Von FIFA bis FIS: Sportfreund Putin ist zum Zuschauen verdammt
27-mal war Russland Eishockey-Weltmeister. In dem riesigen Land gibt es Abertausende Eishockey-Fans, der berühmteste ist Wladimir Putin. Der Präsident ist nicht nur gerne bei wichtigen Spielen live dabei, er geht auch selbst aufs Eis. Dass Russland bei Olympia in Peking das Finale gegen Finnland verloren hat, tat richtig weh.
Dass nun der Rekordweltmeister bei der am Freitag beginnenden WM in Finnland nicht dabei sein darf, ist nur ein Teil einer Reihe von im Weltsport einzigartigen Entscheidungen. Etliche internationale Verbände haben russische Teams, russische Athletinnen, russische Ausrichter und russische Sponsoren aus den Wettbewerben ausgeschlossen – und damit nicht nur von einem großen Geld-Topf. Die Ausschlüsse setzen Russlands Präsidenten Wladimir Putin unter Druck.
"Russland hat den Ehrgeiz der Sowjetunion geerbt, eine große Sportmacht sein zu wollen", sagt Jutta Braun vom Zentrum für Zeithistorische Forschung im Potsdam. Insofern habe das durchaus eine Wirkung. "Aber bei aller Bedeutung des Sports", sagt Braun, "treffen die massiven Wirtschaftssanktionen sicherlich härter".
Dennoch: Sportfreund Putin werde so zunehmend isoliert. Auf den Sport als "Vehikel der nationalen Selbstdarstellung" könne er sich nun nicht mehr verlassen, meinte dazu kürzlich der deutsche Sportwissenschaftler Jürgen Mittag.
Der KURIER gibt einen Überblick, um das Ausmaß greifbar zu machen:
IOC (Internationales Olympisches Komitee)
Wenige Tage nach dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine am 24. Februar empfahl das IOC unter internationalem Druck eine ungewöhnlich harte Haltung: Russische und belarussische Sportler und Funktionäre sollen von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen werden. Wo dies nicht möglich ist, sollen Athleten als neutrale Sportler antreten. Für Jutta Braun eine "beispiellose" Vorgabe und eine "sporthistorische Zäsur", weil nun kaum noch jemand behaupten könne, Sport sei unpolitisch.
Fußball
Ungewöhnlich scharf und überraschend schnell reagierte auch der internationale Fußball. FIFA und UEFA haben russische Mannschaften aus allen Bewerben ausgeschlossen. Im selben Zug verlegte der europäische Fußballverband das für 28. Mai in St. Petersburg geplante Champions-League-Finale nach Paris. Wie etliche (aber nicht alle) europäische Klubs beendete die UEFA Sponsorenverträge mit russischen Partnern. Russische Fußballspieler dürfen weiter bei ihren Vereinen spielen.
Skisport
Die FIS hat zunächst alle übrigen Weltcup-Veranstaltungen in Russland abgesagt und dann in allen Sparten russische Teams und Athleten aus den internationalen Bewerben ausgeschlossen. Auch etwa im Biathlon-Weltcup wurden russische und belarussische Sportler vom IBU ausgeschlossen.
Tennis
Weltverband ITF, Spielervereinigungen ATP und WTA sowie die vier Grand-Slam-Turniere haben sich darauf geeinigt, russische und belarussische Spieler unter neutraler Flagge weiter antreten zu lassen. Nur Wimbledon scherte aus, lässt keine russischen und belarussischen Spieler starten. Das sorgte für Diskussionen. „Natürlich fühlen wir uns nach diesem Alleingang hintergangen“, sagt der Steirer Herwig Straka, seit Jahren in der Spitze der ATP tätig.
Eishockey
Der Weltverband IIHF hat die russischen und belarussischen Teams zunächst für alle Bewerbe gesperrt. Da die A-WM in Finnland ohne Russland stattfindet, konnte Österreich nachrücken. Die für heuer geplante U20-WM in Russland wird verlegt. Die in St. Petersburg geplante WM 2023 ebenso: Es soll eine Abstimmung zwischen Lettland/Finnland und Ungarn/Slowenien geben.
Motorsport
Die Formel 1 wird bis auf Weiteres nicht mehr in Russland fahren. Zunächst wurde der Grand Prix von Sotschi aus dem diesjährigen Programm gestrichen, daraufhin der Vertrag mit dem Veranstalter zur Gänze gekündigt. Fahrer aus Russland sind in der Königsklasse theoretisch erlaubt (ohne Flagge), der einzige russische Pilot (Nikita Masepin) wurde aber dennoch von seinem Rennstall (Haas) entlassen.
Handball
Teams, Offizielle, Schiedsrichter und sogar Experten aus Russland und Belarus sind von allen Veranstaltungen und Aktivitäten der IHF und EHF ausgeschlossen.
Leichtathletik
Der Weltverband (World Athletics) hat bis auf Weiteres Athleten, Betreuer und Offizielle aus Russland und Belarus von allen Veranstaltungen der Weltserie ausgeschlossen.
Schwimmen
Der Weltverband FINA hat den zweifachen Olympiasieger Jewgeni Rylow für neun Monate gesperrt. Der Russe hatte sich für die Invasion der Armee in der Ukraine ausgesprochen. Einen pauschalen Ausschluss von russischen oder belarussischen Sportlerinnen hatte es im Schwimmsport lange nicht gegeben. Nach wochenlangem Zögern hat der Weltverband Ende März alle russischen und belarussischen Schwimmer und Schwimmerinnen gesperrt. Im Juli findet die WM in Ungarn statt, mittlerweile sind dafür keine Teams aus den beiden Ländern zugelassen.
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