Oliver Glasner und Österreichs lebende Europacup-Legenden
Als die Austria unter Hermann Stessl 1978 ihr bis heute einziges Europacup-Endspiel gegen Anderlecht 0:4 verlor, war Oliver Glasner drei Jahre alt. Als sich Rapid im Mai 1996 unter Regie von Ernst Dokupil beim 0:1 gegen Paris tapfer schlug, stand im an jenem Tag grün-weiß dominierten KURIER-Sportteil in einer Zeile klein: Ried-Verteidiger Glasner fällt im OÖ-Derby wegen eines Beinbruchs aus.
Morgen steht Glasner als Frankfurt-Trainer im Finale von Sevilla gegen die Rangers unter Strom. Für die letzten lebenden österreichischen Trainer, die wie jetzt Glasner ein Europacup-Finale erreichten, gilt der Mittwochabend als TV-Pflichttermin.
Hermann Stessl, 81, ließe sich optisch noch als Mitt-Sechziger verkaufen. Vielleicht auch, weil er zwei Mal wöchentlich mit Herbert Janko (Papa von Marc) an seiner Fitness arbeitet. Die Erinnerungen an das 0:4 sind indes verblasst. Zumal Stessl 17 Trainerstationen in fünf Nationen hinter sich hat. „Aber die Austria“, sagt der Steirer, „ist und bleibt mein Lieblingsklub.“
Dass der Holländer Rob Rensenbrink für die Belgier im Pariser Finale mit zwei Toren innerhalb von 60 Sekunden rasch alles klar machte, weiß Stessl zwar noch. Dass er Tage nach dem 0:4 Reportern gestanden haben soll, es sei ein Fehler gewesen, die Spielerfrauen mitfliegen und damit das Finale zu einem Familien-Ausflug von Herbert Prohaska und Co. werden zu lassen – also das, sagt er heute, sei definitiv nicht so gewesen.
Verbürgt ist indes, dass Hans Krankl im Pariser Prinzenpark der Austria die Daumen drückte und drei Tage später gegen die Austria im (torlosen) Derby stürmte. Die Violetten standen schon als Meister fest. Woran auch der uruguayische Nationalstürmer Julio Morales großen Anteil hatte.
Noch auf Ballhöhe
Morales starb heuer im Februar in seiner Heimat. Davon erfuhr Stessl erst heute, obwohl er regelmäßig Austria-Spiele besucht. Versorgt von Felix Gasselich mit einer Ehrenkarte. Der einstige Ballkünstler ist Präsident des Legendenklubs.
Auch Rapids ehemaliger Erfolgscoach Ernst Dokupil, 75, begnügt sich, sobald es um seinen Herzensklub geht, nicht nur mit TV-Eindrücken. Zudem weiß er genau, wie das am 8. Mai 1996 im Brüsseler Heysel-Stadion war, als Paris St-Germain das Goldtor per Freistoß aus 35 Metern gelang, weil der Ball unhaltbar für Michael Konsel vom Schienbein des heutigen ÖFB-Sportdirektors Peter Schöttels abgefälscht wurde;
als die Elf um Peter Stöger und Dietmar Kühbauer im Finale nicht zu gleicher Form wie davor fand;
als der Bulgare Trifon Ivanov (wurde nur 51 Jahre alt) in letzter Minute per Kopf fast das 1:1 erzielt hätte;
als 12.000 Rapid-Fans im Heysel-Stadion ihre Verlierer noch minutenlang nach dem Abpfiff wie Sieger feierten.
Tatsächlich hatten die Grünen in der Dokupil-Ära selbst auf internationaler Ebene im Finish meist mehr Luft als die Gegner. Obwohl das Betreuerteam nicht halb so groß war wie heute.
Dokupil hatte schon in den 80er-Jahren (u. a. bei Admira) in Zusammenarbeit mit Sportwissenschafter Hans Holdhaus auf zu diesem Zeitpunkt in Österreichs Fußball noch unüblich gewesene sportmedizinische Tests (Lactat etc.) gesetzt. Und die Jugend forciert. Mittlerweile aber irritiert Dokupil (und nicht nur ihn), dass bei Rapid ein ständiges Kommen und Gehen herrscht. „Wenn man international mitspielen will, darf man kein Ausbildungsverein sein.“ Wobei er seine Feststellung nicht als Vorwurf an die sportlich Verantwortlichen interpretiert haben will. „Die tun im Rahmen ihrer Möglichkeit genau das, was das Budget zulässt.“ Ein Lob, das auch Sportdirektor Zoran Barisic gilt. Ihn hatte Dokupil im Finale 1996 an Stelle von Christian Stumpf eingewechselt.
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