Oliver Glasner im Finale: Ein Trainer mit Mut zur Überraschung

Glasner und seine Kinder im Frankfurter Jubel
Ernst Dokupil (1996 mit Rapid) und Hermann Stessl (1978 mit der Austria) heißen die noch lebenden Österreicher, die eine Mannschaft in ein Europacup-Finale gecoacht haben. Die rot-weiß-rote Ehrentafel wird mit dem Endspiel der Europa League in Sevilla zwischen Frankfurt und den Glasgow Rangers am Mittwoch (21 Uhr) um Oliver Glasner erweitert.
Zielstrebig hat sich der Ehrenkapitän der SV Ried nach oben gearbeitet. Dass aus dem Verteidiger ein Trainer mit Blick über den Tellerrand werden könnte, war früh klar. Stefan Reiter, der als Ried-Manager den Großteil von Glasners Spielerkarriere begleitet hat, sagt: „Oliver war schon in jungen Jahren wie ein Gewerkschaftsfunktionär, der alles besprochen und in der Kabine Regeln geschaffen hat.“
Dramatische OP
Das Karriereende durch eine Kopfverletzung war dramatisch. Über die Not-OP erzählte der Familienvater: „Meine Frau musste die Einverständniserklärung für die Operation geben, weil ich nicht mehr zurechnungsfähig war. Es war ernst.“
Nach dem Start bei Red Bull als Assistent von Salzburg-Coach Roger Schmidt 2012 bewies Glasner mehrmals Mut für ungewöhnliche Entscheidungen und Gespür für den richtigen Zeitpunkt.
Nein zur Millionenliga
So wie vor einem Jahr, als der Frankfurter Erfolgscoach Adi Hütter lieber zu Mönchengladbach wechselte – eine Fehlentscheidung, wie der Vorarlberger heute weiß. Glasner hatte zwar Wolfsburg in die Champions League geführt, sah aber eine Tür aufgehen: vom kühlen VW-Werksklub zur Eintracht der großen Emotionen. Millionenschwere Königsklasse, nein danke – lieber Europa League mit Herz.

Noch emotionaler war die entscheidende Wende in Glasners Weg. Sommer 2015: Jürgen Werner will aus dem Zweitligisten LASK wieder eine große Nummer machen und sucht den Mann, der als Trainer und Sportchef die Linzer langfristig aufbaut.
Was heute verraten werden kann: Eigentlich war Peter Schöttel schon fast verpflichtet. Neben der Unterschrift fehlte nur noch der Präsentationstermin.
Freiwillig nach unten
Bis Werner noch absagte und Schöttel erklärte, „dass wir doch jemanden bekommen, bei dem wir nicht Nein sagen können“. Schöttel dachte „an einen Promi aus Deutschland“ und war wenig später fassungslos.
Ebenso wie Reiter. Der Ried-Manager konnte nicht glauben, dass sein Trainer nach einem Jahr weg will, um von der Bundesliga in die zweite Liga zu wechseln. Vom Herzensverein zum Erzrivalen.

Glasner als Jungtrainer in Ried
Aber Glasner zog sein Ding durch, sagte Werner zu, stach Schöttel aus und kämpfte sich aus seinem Vertrag bei Ried.
Was nach drei höchst erfolgreichen Saisonen beim LASK gerne vergessen wird, ist, dass das erste Jahr mit einer Enttäuschung endete: Gegen die finanziell und in der Kaderstärke unterlegenen St. Pöltner zogen die Linzer im Aufstiegsrennen den Kürzeren. Glasners Rauswurf wurde vielfach gefordert, aber er bekam noch eine Chance – und die Geduld sollte sich zig-fach auszahlen.
Alte Vertraute
Bei der Wahl seiner Ziele und Vereine zeigt Oliver Glasner Härte. In seiner Umgebung setzt er auf jahrzehntelang aufgebautes Vertrauen: Die Co-Trainer Angerschmid und Brunmayr standen schon im Ried-Dress mit ihm auf dem Rasen.
Morgen könnten sie in eine Reihe mit dem großen Ernst Happel treten. 1983 gewann der Wiener mit dem HSV als letzter Trainer aus Österreich eine Europacup-Trophäe.

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