Warum es für Meister Salzburg mit dem Titel eng werden könnte
Es sah ein wenig gequält und gezwungen aus, als die Salzburger Spieler nach dem Match gegen Rapid (1:1) im Stadion ihre Ehrenrunde drehten. Der Hütteldorfer Ausgleichstreffer in der letzten Minute der Nachspielzeit hatte in einem Pfeifkonzert des erfolgsverwöhnten Salzburger Publikums gemündet. Als die Salzburger Mannschaft um den Platz schlich und auf die Tribüne winkte, waren die meisten Sitze bereits leer.
Cheftrainer Gerhard Struber verfolgte das Geschehen tief versunken in seinem Trainersessel. Und dabei wirkte er gleichermaßen zerknirscht wie ratlos.
Serienmeister Salzburg liegt in der Tabelle immer noch drei Punkte vor Verfolger Sturm Graz, doch es deutet einiges darauf hin, dass es richtig eng werden könnte mit dem elften Meistertitel in Folge.
"Gebrauchte Woche"
Die Salzburger haben einiges von ihrer Souveränität und Stärke eingebüßt, das wurde nicht zuletzt durch die 3:4-Niederlage im Cup-Semifinale am Donnerstag gegen Sturm Graz und beim 1:1 am Sonntag im Heimspiel gegen Rapid deutlich.
"Das war eine gebrauchte Woche. Und es fühlt sich nicht gut an", sagte Cheftrainer Gerhard Struber.
Dass es bei den Salzburgern nicht läuft, ist augenscheinlich. Zumal sich beim Serienmeister gleich mehrere Problemfelder auftun.
- Kein Torjäger
Salzburg fehlt gerade der Stürmer, der den gegnerischen Verteidigern das Leben schwer macht. In der Vergangenheit hatte der Verein immer wieder Knipser in seinen Reihen, die den Unterschied gemacht haben. Mit Karim Konate, dem Torschützen beim 1:1 gegen Rapid, gibt's nur einen Spieler, der mehr als zehn Saisontore erzielt hat. "Es fällt uns das Toreschießen nicht so leicht", sagte Trainer Gerhard Struber am Sonntag.
- Keine Kreativität
Gerhard Struber hatte bei seinem Amtsantritt im Sommer 2023 einen spektakulären Fußball verkündet, zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine große Lücke. In den vergangenen zehn Liga-Partien gelang Salzburg nur zwei Mal mehr als ein Treffer.
Auch im Duell mit Rapid offenbarte der Meister Schwächen im Angriffsspiel und kam selten gefährlich vor das Tor. "Wir müssen vorne die Abstimmung finden, damit wir die richtigen Dinge zur richtigen Zeit machen", sagt der Coach. "Und wir müssen effizienter werden."
- Keine Souveränität
Die letzten beiden Partien im Cup gegen Sturm (3:4) und in der Liga gegen Rapid (1:1) ließen tief blicken und offenbarten, wie fragil das Team ist. In beiden Spielen lagen die Salzburger in Führung, ließen aber trotzdem die Abgebrühtheit, Klasse und Ruhe vermissen.
Nach dem 1:0 durch Konate in Minute 87 brachte Rapid mit einer Schlussoffensive die Salzburger gehörig ins Wanken und erzielte noch den Ausgleich. "Wir sind in eine Scheinsicherheit gegangen und waren passiv und nicht mehr sattelfest", monierte Trainer Struber. "Ich habe mich sehr über den Ausgleich geärgert. Es tut weh, dass wir das noch hergegeben haben."
- Prominente Ausfälle
In der entscheidenden Phase der Meisterschaft müssen die Salzburger wichtige Spieler vorgeben. Im Duell mit Rapid machte sich etwa das Fehlen von Oscar Gloukh und Maurits Kjaergaard (beide Muskelverletzungen) im Offensivspiel deutlich bemerkbar. Obendrein verletzte sich der Brasilianer Fernando, der gerade richtig auf Touren gekommen war und sich im Frühjahr stark präsentierte.
Der Angreifer wird für den Rest der Saison ausfallen. "Fernando hat einen Rieseneinfluss auf unser Spiel. Jetzt müssen wir Lösungen finden", weiß Gerhard Struber. Der Kader der Salzburger ist zwar groß, doch Führungsspieler und Leaderfiguren gibt es nur wenige im Team.
- Großer Druck
Nach zehn Meistertiteln in Folge wird von Salzburg der Titel nicht nur verlangt, er ist geradezu eine Selbstverständlichkeit. Diese Anspannung und Angst, dass diese Serie heuer reißen könnte, merkt man vor allem Trainer Gerhard Struber an. "Wir müssen uns steigern und wieder ins Gewinnen kommen."
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