Rapid-Sportchef Barisic: "Bis zur Pension schaff' ich den Job nicht"
Ab 14.30 Uhr kommt es in Hütteldorf zur Revanche gegen den WAC: Nach dem 1:4 in Wolfsburg musste Trainer Didi Kühbauer gehen. Als Nachfolger wurde Ferdinand Feldhofer von Zoran Barisic ausgesucht. Auch wenn es derzeit bei Rapid einige Corona-Fälle gibt, ist der 51-jährige Sportdirektor von einer sportlich positiven Zukunft überzeugt.
KURIER: Welche Veränderung seit dem Trainerwechsel vor fünf Monaten ist die größte bei Rapid?
Zoran Barisic: (denkt lange nach) Ehrlicherweise will ich darauf nicht antworten. Wir haben mit Ferdinand Feldhofer eine gute Wahl getroffen und freuen uns jeden Tag darauf, zusammenzuarbeiten. Das Entscheidende ist, dass wir an einem Strang ziehen und alle gemeinsam im Interesse des Klubs agieren – das funktioniert mit dem Ferdl sehr, sehr gut.
Das war doch noch eine Antwort.
Ja, aber ich will keine Vergleiche ziehen oder sagen, was anders ist. Ich beschreibe nur.
Sie haben betont, wie schmerzhaft es war, einem Freund zu sagen, dass es vorbei ist. Gab es seither Kontakt mit Didi Kühbauer?
Ja, aber es ist weiter schwierig.
Wie groß war die Sorge, es nicht in die Meistergruppe zu schaffen?
Alles, was jetzt als Fortschritt gilt, wäre in der Qualifikationsgruppe schwierig zu erzählen gewesen.
Die Sorge um die Meistergruppe war tatsächlich groß. Aber ich hätte mir auch in der Qualifikationsgruppe überhaupt keine Sorgen um die Zukunft des Vereins gemacht. Ich bin völlig überzeugt davon, dass der eingeschlagene Weg richtig ist.
Ihr Trainer-Credo war: Talente bringen schnell Leistung, wenn sie auch forciert werden. Mussten Sie Feldhofer davon überzeugen?
Ich hab’ ihm keine andere Möglichkeit gelassen (lacht). Nein, es war so: Wir haben bei der Trainerauswahl über diesen harten Weg mit den Jungen gesprochen, der viel Geduld erfordert. Uns allen taugt, dass der Ferdl auch jetzt in der Umsetzung davon überzeugt ist.
Das Ende der Transferzeit haben Sie als intensivste Phase ihres Fußballerlebens bezeichnet. Muss sich ein Rapid-Sportdirektor am Rand eines Burn-outs bewegen?
Mir ist aufgefallen, was Max Eberl in dieser Position bei Gladbach passiert ist. Und ich hab’ mir gedacht: Bis zur Pension schaff’ ich diesen Job nicht. Das Wichtigste ist, dass du glücklich mit deiner Aufgabe bist und dass du ein dickes Fell hast. Ich werde künftig auch mehr auf mich aufpassen, aber meine Position gibt das nicht immer her.
Der erste Eindruck von Feldhofer im November war: „Rapid taugt mir, aber es ist viel negative Energie im Verein.“ Wie kann man die wieder vertreiben, außer mit Erfolg?
Indem wir uns gemeinsam auf Aufgaben freuen, den Mitarbeitern lebensfroh begegnen, positiv denken und Energie weitergeben. Es hat sich seit seinem ersten Eindruck vieles verändert. Zum Teil auch wegen des Umzugs in unser neues Trainingszentrum. Wir jammern nicht, sondern suchen nach Lösungen.
Corona hat Rapid mit dem auf Fans aufgebauten Vereinsmodell besonders hart getroffen. Um wie viel müssen Sie die Personalkosten senken?
Es gibt einen Budgetrahmen, in dem wir uns bewegen. Es war 2019 eine meiner ersten Aufgaben, das Personalbudget zu senken. Dann kam eine Senkung wegen Corona und jetzt eine weitere wegen der Folgen. Die große Aufgabe ist es, dabei die Kaderqualität nicht zu schwächen. Deswegen muss das Maximum aus unserer Talentförderung rausgeholt werden.
Bei Ihrem Antritt haben Sie bei den Profis ein „Gehaltscornetto“ mit zu vielen Top-Verdienern festgestellt. Gibt es ab Sommer die seither gewünschte Pyramide?
Ja, kommende Saison haben wir eine schöne Gehaltspyramide. Aber unsere Spieler müssen nicht verhungern. Sie bekommen trotzdem noch ein für diese Liga sehr gutes Gehalt, ein super Umfeld und das perfekte Sprungbrett in Top-Ligen. Deswegen unterschreiben einige, die woanders mehr bekommen würden.
Sie haben Grüll und Ljubicic ablösefrei geholt. Macht es Sie stolz, dass für die beiden bereits im Winter Millionen an Ablöse geboten wurden? Oder nervt es, dass für den Sommer schon wieder Nachfolger gesucht werden müssen?
Beides. Wir können auch Aiwu dazunehmen. Es ist ein Wahnsinn, wie sie funktionieren – aber auch, wie begehrt sie bereits sind. Unsere Arbeit wird bestätigt – aber sie hört nie auf. Unsere Nachfolger-Suche muss natürlich schon laufen.
Kann Rapid erstmals seit dem Ausbruch von Corona einen Spieler mit Ablöse kaufen, noch bevor eigene Verkäufe fixiert sind?
Ja, definitiv ja! In den vergangenen Transferperioden hatte ich ein zu großes Verantwortungsbewusstsein, um in Vorlage zu gehen.
Wie meinen Sie das?
Als Corona ausgebrochen ist, haben wir den Strom abgedreht, um noch mehr einzusparen. Die Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Ich möchte ihnen genauso wie den Fans für ihre Hilfe noch einmal Danke sagen. Selbst diesen Winter wussten wir nicht, wann und wie viele Zuschauer ins Stadion kommen dürfen. Und da soll ich um viel Geld Spieler einkaufen gehen? Das geht sich für mich moralisch nicht aus.
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