Primetime für das Nationalteam, Sperrstunde für den Amateursport

Primetime für das Nationalteam, Sperrstunde für den Amateursport
Vor dem Spiel der Österreicher gegen Kroatien drängen sich Fragen auf: Ist der späte Anpfiff an einem Sonntag wirklich nötig? Was passiert mit dem Hobbysport in den kommenden Wochen?

Schwindlig gespielt vom weltschnellsten Fußballer Kylian Mbappé kämpft Österreichs Nationalteam unnötig spät um den Verbleib im elitären Kreis der Nations League. Als Mick Jagger und zuletzt Ed Sheeran im Ernst Happel-Stadion den Ton angaben, war Ferienzeit. Da schien’s für Schüler und Berufstätige zumutbar, nicht vor Mitternacht heimzukommen.

Aber jetzt wird das Fußball-Länderspiel um 20.45 Uhr angepfiffen. An einem Sonntag. Muss das sein?

Theoretisch könnten Beamte von vier Magistratsabteilungen, sofern Zuschauer beim Kroatien-Spiel, danach gleich im Stadion übernachten. Haben doch auch Parkraumüberwachung, Sport- und Standesamt so wie Wiener Verband und ÖFB ihre Büros im Prater-Oval.

Dies nur zur Info für Kritiker, die die Instandhaltung der 91 Jahre alten Betonschüssel für drei Fußballspiele im Jahr unverantwortlichen Luxus nennen.

Der ÖFB hat nicht (Haupt)schuld am Festhalten an der späten Beginnzeit. Letztere bestimmt die UEFA. Jene Europäische Fußball-Union, deren 450 Angestellte in einem Palast auf einem der europaweit teuersten Grundstücke thronen: am Ufer des Genfersees mit Blick auf’s Mont-Blanc-Massiv.

In so vornehmem Umfeld kann’s schon passieren, dass manch mit Schweizer Fränkli großzügig honorierter Funktionär sich nicht mehr in den Alltag des einfachen Fan hineinversetzen kann.

Die UEFA (und die ähnlich abgehobene FIFA) pochen auf Übertragungen ihrer Veranstaltungen zur TV-Prime-Time = zur für ’s Werbegeschäft lukrativsten Sendezeit. Die an Werktagen in der Champions League naheliegend ist.

Symbolisches Zeichen

Wochenend-Partien der Nations League hätten um 14 Uhr angepfiffen werden können. Allein schon als symbolisches Zeichen für Stromsparen. Nur: Entscheidungsträger stehen auf der Leitung. Den Profi-Fußball wird es trotz der Kostenexplosion in gewohnter Form weiter geben.

Großklubs haben Kapital (und Schulden?) genug, um zu überleben. Für den Amateur- und Nachwuchskick aber sieht’s finster aus. Zumal Arbeitende und Ganztagsschüler kaum vor 17 Uhr Zeit für Sport haben und sie somit auf Flutlicht angewiesen sind.

In fünf Wochen werden die Uhren umgestellt. Danach droht den meisten der 300.000 Amateurkicker in Österreich eine fünfmonatige Passive, weil die Klubs die Energiekosten nicht mehr stemmen können. Davor wurde an dieser Stelle schon vor etlichen Wochen gewarnt. Geschehen ist nichts.

Teil einer Lösung wäre ein Beibehalten der Sommerzeit. Doch der Vorschlag ist so unrealistisch wie ein Wechsel von Mbappé zu Rapid.

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