Österreichs Fußballerinnen: Zwischen Manchester und Mischendorf

Österreichs beste Fußballerinnen spielen auf der großen Bühne. Enzinger, Makas, Kresche, Hickelsberger-Füller und Schasching genossen am Mittwoch die Atmosphäre im Old-Trafford-Stadion. Dieses Quintett ist beispielhaft dafür, wie groß die Kluft zwischen Nationalteam und dem Alltag in der heimischen Liga ist. Denn die fünf Teamspielerinnen waren in dieser Saison nicht nur im Kultstadion in Manchester auf dem Feld, sondern auch auf dem Fußballplatz in Mischendorf.
Dass das kleine Dorf als Synonym für die Fußballprovinz herhalten muss, liegt am FC Südburgenland. Das ist quasi ein Familienbetrieb, der es schaffte, 19 Jahre in der Bundesliga zu spielen. Während sich Männervereine wie Rapid und Salzburg standhaft weigerten, ein Frauenteam zu gründen, ist es der Familie Koch gelungen, bis diesen Sommer erstklassig zu spielen.
Die Liga hat in den letzten fünf Jahren eine ordentliche Entwicklung genommen, nur ist das Niveau noch immer überschaubar. Es wurde ein Ligasponsor gefunden, und der Auftritt – vor allem in den sozialen Medien – ist modern und gut. Es gibt einige Idealisten und engagierte Vereinsfunktionäre, die sich ins Zeug legen.
So fanden in dieser Saison schon Spiele in den Bundesliga-Stadien von St. Pölten, Altach und Sturm Graz statt. Die Wiener Austria will ab diesem Sommer besondere Spiele der Frauen in der Generali-Arena veranstalten.
Qualität der Liga heben
Das sind wieder kleine Schritte in die richtige Richtung. Jürgen Irsigler, der Chef des ersten Frauen-Teamsponsors Admiral, sagt: "Die Aufgabe für die nächsten Jahre muss es sein, die Qualität der nationalen Liga zu heben. Wenn nicht, dann gehen die besten Spielerinnen spätestens mit 20 Jahren ins Ausland." Die Ausbildung in der Frauen-Akademie in St. Pölten ist top, aber es werden pro Jahr nur die neun talentiertesten Spielerinnen aufgenommen. Isabel Hochstöger, Leiterin Mädchen- und Frauenfußball im ÖFB und als Teammanagerin bei der EM dabei, umschreibt die Situation so: "Wir haben eher einen Trichter als eine Pyramide."
In der Akademie in St. Pölten haben wir eher einen Trichter als eine Pyramide
Leiterin Frauenfußball im ÖFB
Schon 2017 ortete der ehemalige ÖFB-Präsident Leo Windtner "Nachholbedarf an der Basis". Damals gab es im Burgenland, wo sein Nachfolger Gerhard Milletich seit 2014 Landespräsident war, sieben Mannschaften. Mittlerweile sind es nur noch sechs, eine Landesliga ist noch lange nicht in Sicht.
Seit zwei Jahren wird aber immerhin im Nachwuchs sehr viel getan. In Wien spielen zwei Teams weniger als noch vor fünf Jahren. Karl Frank, Obmann des Wiener Frauenausschusses: "In der Corona-Zeit haben viele Mädchen aufgehört. Und es ist sehr schwierig, sie zurückzubekommen." Aber es ist auch schwierig, sie hinzubekommen: ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel will "den Eltern die Scheu nehmen, ihre Töchter zum Fußball zu schicken. Mädchen, die gerne Fußball spielen, sollen das tun können".
Mehr Trainerinnen
Johann Gartner ist Präsident des NÖ-Landesverbandes und Frauenbeauftragter im ÖFB. Er sieht nicht nur auf dem Spielerinnensektor mehr Aufholbedarf. "Wir brauchen auch mehr Trainerinnen und Schiedsrichterinnen." Und Funktionärinnen. Dabei haben just Hartberg und die WSG Tirol, die beiden Klubs, die Chefinnen haben, kein Frauen-Team. Dass jetzt die Mitglieder von Rapid Druck auf den Verein machen, ist ein gutes Zeichen. Schon vor fast 20 Jahren installierte Wacker Innsbruck als erster Bundesligaklub ein Frauenteam. Der damalige Obmann Gerhard Stocker sagte: "Es ist gesellschaftspolitisch ein wichtiges Signal, wenn man sich dazu bekennt."
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