Ohne Rauch geht's auch: ÖFB-Fans als Vorbild für Rapid- und Austria-Anhänger
Wolfgang Winheim
31.03.24, 12:00126 Fünfer für Michael Gregoritsch. So viele Online-User bedachten bei einer ORF-Abstimmung die Leistung des dreifachen Torschützen beim 6:1 gegen die Türkei mit einem „nicht genügend“. Ähnlich viele Unzufriedene hatten drei Tage davor via Online-Voting Christoph Baumgartner trotz dessen Weltrekord gegen die Slowakei (1:0 nach 6,4 Sekunden) zum Versager erklärt.
Machen sich solche Hobby-Kritiker nur eine Hetz oder fällt es mit grüner oder violetter Brille so schwer, sich für Rot-Weiß-Rot zu begeistern, wenn (wie beim 6:1) kein Rapidler und kein Austrianer in der Nationalelf aufscheint? Ungleich ernst zu nehmender ist ein anderer Zahlenvergleich. Und zwar jener der Polizei, die beim Wiener Derby Rapid – Austria (3:0) und beim Ländermatch mit gleich großem (über 400-köpfigen) Aufgebot im Einsatz war.
Derby, 26.000 Besucher: Dutzende Verwaltungsanzeigen. Dazu durch unbekannte Täter 4 x Sachbeschädigung an U-Bahn und Station, 1x Gefährdung körperlicher Sicherheit eines Beamten, 3 x versuchte schwere Körperverletzung, 1 x Sachbeschädigung eines Streifenwagens.
Länderspiel, 38.500 Besucher: 1 x Verwaltungsanzeige.
Ansonsten ist abgesehen von einem – ungeahndet gebliebenen – unsportlichen Versuch, den türkischen Kapitän Hakan Çalhanoğlu bei seinem Elferschuss per Laser zu blenden, nichts Verbotenes passiert. Zudem zeigte sich im Happel-Stadion konträr zu mit Pyrotechnik eingenebelten, minutenlang unterbrochenen Vereinsspielen: Ohne Rauch geht’s auch.
Eine mitternächtliche Rauferei am Praterstern, wo nach dem Länderspiel 17 Anzeigen (darunter für Syrer) gab, sind entgegen ursprünglicher Vermutungen nicht auf etwaige Fußball-Nachwehen vom 6:1 zurückzuführen.
So bemerkenswert wie das Verhalten des Publikums (einschließlich des türkischen) und der Auftritt der ÖFB-Spieler war auch deren schaumgebremste Matchanalyse. Niemand verfiel in Euphorie. Von Teamchef Ralf Rangnick bis zu Xaver Schlager war vielmehr zu hören, dass der Sieg etwas zu hoch ausgefallen sei.
Schlüsselfigur
Tatsächlich hätte das Ländermatch ohne VAR (Video Assistant Referee) nicht 6:1, sondern 4:1 geendet. Drei Tage zuvor kam man bei Slowakei – Österreich noch ohne VAR aus. So wie das in Österreichs zweiter Liga mangels Infrastruktur üblich ist. Am Mittwoch aber wird erstmals ein VAR-Team auch vor dem Monte-Schlacko-Stadion des Zweitligaklubs DSV Leoben in einem Video-Bus vor Bildschirmen sitzen.
Monte Schlacko! So heißt in Anspielung auf die Bergbau-Historie der Region der Cup-Semifinalschauplatz, wo Rapid antreten und der gastgebende Gegner knapp 9.000 von mehr als 20.000 Kartenwünschen erfüllen wird.
Zur g’mahten Wies’n wird Monte Schlacko für Rapid nicht werden. Wie schon einmal bei einem besonderen Cup-Vergleich gegen Leoben. Damals hatte Rapid im Ernst-Happel-Stadion die Torschützenhilfe seines Steirers Peter Guggi benötigt, um den steirischen Zweitdivisionär im Finale 1:0 zu bezwingen. Das war freilich 1995, als Michael Gregoritsch noch in den Windeln lag. So lang ist Rapids letzter Pokalsieg bereits her.
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