Führungslos, planlos, ratlos: Wie es in der ÖFB-Krise weitergeht
Wer gedacht hatte, der ÖFB sei schon an seinem Tiefpunkt angelangt, der wurde eines Besseren belehrt. Das Bild in der Öffentlichkeit könnte verheerender nicht sein.
Wie geht es beim ÖFB nun weiter nach dem Rücktritt von Präsident Klaus Mitterdorfer? Derzeit wirkt der Verband nicht nur führungslos, auch planlos und irgendwo hilflos und ratlos.
Wichtige Fragen müssen dringend beantwortet werden.
Nachdem die für gestern geplante außerordentliche Sitzung abgesagt wurde, müssen kommenden Freitag bei der nächsten Präsidiumssitzung die ersten Weichen gestellt werden, damit der ÖFB mit einer klaren Führungsstruktur in das sportlich so wichtige Jahr 2025 gehen kann. Denn im März stehen in der Nations Leage die Play-offs gegen Serbien auf dem Programm, danach folgt die WM-Qualifikation.
Der Fahrplan
Am 29. November findet turnusmäßig die ordentliche Präsidiumssitzung, voraussichtlich im Wiener Prater, statt. Dort soll nach dem Rücktritt von Klaus Mitterdorfer ein Interimspräsident bestimmt werden.
Der Interims-Präsident
Von den Vize-Präsidenten kommen am ehesten Philip Thonhauser und Josef Geisler infrage. Johann Gartner und Gerhard Götschhofer werden nur geringe Chancen eingeräumt. Allerdings soll die Bundesliga im Rahmen des Länderspiels gegen Slowenien anklingen haben lassen, dass man sich nicht in die Thematik mit einem Interimspräsidenten einmischen möchte. Somit würde wiederum alles auf den Tiroler Geisler deuten.
Wie lange der künftige Interimspräsident im Amt bleibt, hängt auch von ihm selbst und seinen Ambitionen ab. Ob er eine dauerhafte Lösung schnellstmöglich erzielen möchte, oder ob er Gefallen an seinem Posten findet, wie das schon bei Johann Gartner als Interimslösung nach Milletich der Fall war. Geisler spricht sich jedenfalls für einen externen Kandidaten aus.
Die Hauptversammlung
Diese ist festgelegt für den 18. Mai in Bregenz, könnte aber vorgezogen werden, damit so schnell wie möglich für Klarheit im ÖFB gesorgt werden kann. Zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gibt es eine Mindestfrist von acht Wochen, weshalb der Februar oder der März möglich wären.
Der neue Präsident
Bevor sich das Präsidium auf die Suche nach einem neuen Boss macht, muss es generell entscheiden, ob der oder die Neue eine interne oder eine externe Lösung sein soll. Zuletzt setzte man mit Gerhard Milletich und Mitterdorfer auf Präsidenten aus den eigenen Reihen, womit man letzten Endes nicht gut fuhr, auch weil an Querschüssen innerhalb des Präsidiums nicht gespart wurde. Der Interimspräsident muss einen Wahlausschuss beauftragen, der Kandidaten sichtet.
Als externer Kandidat wurde zuletzt immer wieder ImmoUnited-Eigentümer Roland Schmid genannt, der vor allem mit Teamchef Ralf Rangnick ein gutes Verhältnis pflegt. Schmid ließ allerdings nun verkünden: „Aktuell wird mein Name immer wieder im Zusammenhang mit den neuesten Entwicklungen im ÖFB genannt. Ich sehe derzeit keinen Grund, mich zu diesem Thema zu äußern. Ich habe dort auch keine Funktion.“
ÖFB vor ungewisser Zukunft
Aktuell ist Schmid Vizepräsident der Vienna. Der 48-Jährige war schon zwei Mal Kandidat für eine Präsidentschaft – einmal zog er bei Rapid gegen Martin Bruckner den Kürzeren, im ÖFB verlor er denkbar knapp gegen Milletich. Allerdings nicht aus inhaltlichen, sondern vielmehr aus persönlich-taktischen Gründen so mancher Landesverbandspräsidenten.
Die Strukturreform
Die von Mitterdorfer initiierte Reform wurde grundsätzlich in der letzten Präsidiumssitzung mit einer Mehrheit beschlossen. Inwieweit sie nun weiter verfolgt und umgesetzt wird, ist derzeit nicht zu beantworten. Sie kann auf Eis gelegt, abgesagt oder in abgeänderter Form umgesetzt werden.
Die Geschäftsführer
Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer erhielten noch am Donnerstagnachmittag von Mitterdorfer die Kündigung, sind aber nach wie vor in Amt und Würden, da die Kündigungsfrist sechs Monate beträgt.
Die Strömungen
Das ÖFB-Präsidium ist seit Jahren gespalten. Anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen, regieren Tauziehen, Allianzen, Intrigen und Eitelkeiten. Ein Landesverbandspräsident spricht von „Sodom und Gomorrha“. Dabei wechseln die Frontlinien ständig und ziehen sich quer durch das Präsidium, das bis vor kurzem noch in zwei Lager gespalten war.
Involviert sind nun aber auch Sponsoren und sogar Teamchef Ralf Rangnick und seine Spieler. Letztere stehen momentan als Sieger da, der klare Verlierer ist der ÖFB. Und auch Mitterdorfer, der den Machtkampf verloren hat.
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