Der ÖFB-Präsident bekam keine Mehrheit: Rücktritt!

Der ÖFB-Präsident bekam keine Mehrheit: Rücktritt!
ÖFB-Präsident Mitterdorfer tritt zurück. Der Vorschlag des Kärntners, Silvia Kaupa-Götzl als CEO zu installieren, hat keine Zustimmung gefunden.

Am Freitag sollte das ÖFB-Präsidium in einer außerordentlichen Sitzung tagen. Der Grund dafür: Präsident Klaus Mitterdorfer wollte mit der ehemaligen ÖBB-Managerin Silvia Kaupa-Götzl eine neue Geschäftsführerin installieren. Dafür bräuchte der ÖFB-Boss unter den 13 stimmberechtigten Mitgliedern eine einfach Mehrheit.

Allerdings: Die nötigen sieben Stimmen dafür hat der Kärntner nicht zusammengekratzt. Er trat deshalb am Donnerstag zurück.

Das Zünglein an der Waage im meist geteilten Präsidium dürfte die Bundesliga gewesen sein, die im Gremium mit drei Stimmen vertreten ist. Die Vertreter des Profifußballs waren KURIER-Informationen zufolge allerdings geschlossen gegen eine Bestellung von Kaupa-Götzl. Und zwar nicht, weil sie die Kompetenzen der 50-Jährigen infrage stellen, sondern weil sie den Standpunkt vertreten, dass der Posten ausgeschrieben werden muss.

Von 1907 bis heute
2023- ’24: Klaus Mitterdorfer
2021–’23: Gerhard Milletich
2009–’21: Leo Windtner
2002–’08: Friedrich Stickler
1984–’02: Beppo Mauhart
1982–’84: Herbert Raggautz
1976–’82: Karl Sekanina
1970–’76: Heinz Gerö
1955–’69: Hans Walch
1945–’55: Josef Gerö
1926–’38: Richard Eberstaller
1922–’25: Karl Volkert
1914–’22: Ignaz Abeles
1907–’14: Adolf Wallner

Damit war die Mehrheit gegen den Vorschlag Mitterdorfers. Denn dem Vernehmen nach waren auch die Landesverbandspräsidenten aus dem Burgenland, Oberösterreich, Salzburg und Tirol gegen die Idee des Präsidenten.

Neuhold und Hollerer gekündigt

Wenige Stunden bevor Mitterdorfer am Donnerstag seinen Rücktritt verkündete, hat der Kärntner jedenfalls noch zur Sense gegriffen und die beiden obersten Angestellten gekündigt. Nachdem sowohl Bernhard Neuhold als auch Thomas Hollerer einer einvernehmlichen Vertragsauflösung nicht zugestimmt haben, wurde der Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe und der Generalsekretär gekündigt. 

Beide haben jedenfalls eine sechsmonatige Kündigungsfrist in ihrem Vertrag, wurden nicht vom Dienst freigestellt und arbeiten daher vorerst weiter für den ÖFB. Ob es letztlich bei den beiden Kündigungen bleiben wird, ist allerdings fraglich.

Wie geht es weiter?

Nachdem die Ära Mitterdorfer nach nur eineinhalb Jahren zu Ende gegangen ist, muss eine Interimslösung bestimmt werden. Infrage kommen die vier Vizepräsidenten, von denen Niederösterreichs Landesverbandspräsident Johann Gartner seine einstige interimistische Rolle gerne wiederholen würde.

Liebe Fußballfamilie,

ich habe die Entscheidung getroffen, meine Funktion als Präsident des ÖFB mit sofortiger Wirkung zurückzulegen. 

Angesichts der aktuellen Umstände war es aus meiner Sicht von höchster Priorität, im ÖFB sehr zeitnah für Klarheit und Ruhe in Form einer neuen hauptamtlichen Führung mit fundierten Managementqualitäten zu sorgen und die Aufgabe der raschen Weiterentwicklung mit viel Erfahrung und Know-how in Angriff zu nehmen. Die Mehrheit im Präsidium für diesen straffen Prozess ist in den letzten Tagen leider geschwunden.

Ich habe immer versucht, das große Ganze zu sehen, konstruktiv im Sinne des Fußballs zu agieren und gemäß meiner Werte verbindend zu wirken. Letzteres ist zuletzt nicht (mehr) gelungen und daher ist der Zeitpunkt gekommen, die Konsequenzen zu ziehen. Ich habe immer betont, dass ich mich nicht verbiegen werde, und dazu stehe ich auch. Die persönlichen Diffamierungen und Anschuldigungen der letzten Wochen vor und besonders auch hinter den Kulissen haben nicht nur meine Familie und mich in meiner ehrenamtlich ausgeführten Funktion, sondern in der Gesamtheit auch den ÖFB stark belastet.

Ich hoffe, dass einiges hinterlassen werden konnte, was den Fußball in Österreich nachhaltig stärkt, positiv verändert und weiterbringt.

Es erfüllt mich mit Stolz, dass es gelungen ist, eine längst fällige Strukturreform einzuleiten und damit eine Modernisierung und Verschlankung der Strukturen des ÖFB zu erreichen. Ziel sind klare, professionelle und effiziente Entscheidungswege, die Weiterentwicklung des Präsidiums zu einem Aufsichtsrat sowie eine weitere Kompetenzverschiebung zum Hauptamt. Künftig sollen die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ÖFB und der Verbände mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten. 

Das wohl größte Projekt des ÖFB in den letzten Jahrzehnten, der ÖFB Campus in Wien-Aspern, der nach großen Anstrengungen gemeinsam mit dem Bund und der Stadt Wien realisiert werden konnte, ist bereits in einer sehr fortgeschrittenen Bauphase und wird dem ÖFB und den Nationalteams eine gemeinsame und würdige Heimat bieten.

Mein großer Dank gilt allen konstruktiven Kräften, die im Sinne des Fußballs in Österreich auf allen Ebenen und in allen Funktionen wirken. Insbesondere danke ich aus ganzem Herzen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ÖFB, die in einer sehr herausfordernden Phase einen tollen Job machen und den ÖFB zusammenhalten.

Ich hoffe sehr, dass es meinen Nachfolger:innen gelingt, dass die Sache selbst - nämlich der Fußballsport in allen seinen Facetten - wieder im Mittelpunkt der Arbeit und des Einsatzes stehen kann und wünsche dem gesamten ÖFB, den Nationalteams und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur das Beste für die Zukunft. 

Mit sportlichen Grüßen
Klaus Mitterdorfer

Allerdings: Der Älteste (74) und Dienstälteste im Gremium hat sich wohl selbst aus dem Spiel genommen, indem er zuletzt via NÖN die Nachricht gestreut hat, die Teamspieler hätten mit einem Streik gedroht. Eine Behauptung, die Teamkapitän David Alaba umgehend via KURIER glaubhaft dementiert hat. Viel wahrscheinlicher wären als Interimspräsident daher schon Tirols Langzeit-Präsident Josef Geisler oder Philip Thonhauser, der Aufsichtsratsvorsitzende der Bundesliga.

Weil das Chaos beim ÖFB allerdings grenzenlos zu sein scheint, gab es am Donnerstag auch noch einen zweiten Rücktritt. Und der betrifft Georg Pangl. Der Burgenländer hat als Präsident seines Landesverbandes den Hut genommen. Offiziell aus privaten Gründen. Allerdings dürfte der ehemalige Liga-Boss über eine Compliance-Thematik gestolpert sein. Der 59-Jährige hatte zuletzt Ambitionen, selbst ÖFB-Boss zu werden.

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